HofnärrInnen statt InterviewerInnen

(Fernseh)Interviews sind so eine Sache. Der/die JournalistIn will dem/r PolitikerIn ein möglichst knackiges/exklusives/sensationelles Zitat entlocken. Der/die PolitikerIn will sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und seine/ihre drei Botschaften möglichst ungefiltert an das Zielpublikum bringen und sonst möglichst kein Aufsehen erregen. Diese beiden Motivationen finden meistens keinen gemeinsamen Nenner. Dadurch „gewinnt“ meist die interviewte Person. Sie gibt klassische ein Satz-drei Sätze-Antworten: Ein Satz der die Frage in irgendeiner Form mit den drei Sätzen verbindet, die sie eigentlich unterbringen will. Das liegt am journalistischen Selbstverständnis von InterviewerInnen: Sie müssen meinungsfrei sein. Was bei journalistischen Texten und Beiträgen wichtig ist, ist bei Interviews ein Dilemma. PolitikerInnen nutzen diese Meinungslosigkeit aus, um ihre vorbereiteten Antworten unwidersprochen zu platzieren. Dazu kommt, dass in Fernsehinterviews die Zeit beschränkt ist und das Nachboren dadurch oft unter den Tisch fällt. Sechs Minuten Interviews im Fernsehen sind damit obsolet geworden.

Wodurch sollte man sie ersetzen? Durch Hofnarren. Das meine ich nicht abwertend gegenüber den InterviewerInnen, das meine ich im ursprünglichen Wortsinn. Hofnarren war es erlaubt, sich über den Hof lustig zu machen. Nur dadurch sind PolitikerInnen aus dem Konzept zu bringen. Die besten Interviews, die ich in letzter Zeit gesehen habe, waren nicht auf ORF oder CNN, sondern auf Comedy Central. Jon Steward hatte in den letzten Monaten einerseits Jim Cramer, Moderator von MSNBC und Cliff May, Vorsitzender einer Folter befürwortenden NGO (Foundation for Defense of Democracies) zu Gast. Hätte irgendjemand anderes diese Interviews geführt, sie wären niemandem im Gedächnis geblieben. Weil sie Jon Steward nicht als Interviewer sondern als Hofnarr geführt hat, kamen beide InterviewpartnerInnen mit ihren eingeübten Phrasen nicht durch und mussten off script gehen.

Paroli bieten! Sollte also die erste Regel von (Fernseh)InterviewerInnen sein. Es muss ja nicht gleich ein sich über den/die PolitikerIn lustig machen sein – wobei die Funtkion des Hofnarrs die Position als Diskutant noch verstärkt. Denn wer es noch dazu schafft, PolitikerInnen zum Übersichselbstlachen zu bringen hat den Grundstein für knackige/exklusive/sensationelle sechs Minuten gelegt. Aber wollen wir mal nicht zu viel verlangen. Erster Schritt:  Meinung beziehen und vertreten! Die journalistische Objektivität kann ja dadurch gewahrt werden, dass immer eine andere Meinung vertreten wird.

Die Argumente des obigen Texts treffen im Übrigen nur auf Interviews, nicht auf Moderationen zu. Mitdiskutierende ModeratorInnen füren zu unmoderierten und dadurch unansehbaren Diskussionen *räusper*Club2*räusper*.

2 Kommentare zu “HofnärrInnen statt InterviewerInnen

  1. Ist das nicht eigentlich auch der Grund für die Beliebtheit von Robert Palfrader als Robert Heinrich I. Der ist zwar nicht Hofnarr, darf sich aber – weil eben Kaiser – auch alles erlauben.
    und damit PolitikerInnen und sonstige Prominenz bloßstellen, verarschen und Dinge tun, die viele gerne tun würden, aber nie Gelegenheit dazu haben.

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