Das politische Bild

Das politische Bild war schon immer ein wichtiger Kommunikationskanal, um Botschaften zu verbreiten – der Nebenfachhistoriker in mir zwingt mich HerscherInnenportraits zu erwähnen. Online sind sie der beste Beweis meiner These, dass alte Methoden auf neue Kanäle angewandt werden: Medienaktion mit PolitikerIn, AktivistInnengruppenfoto und Transparent im Hintergrund hier, Pressekonferenzfoto da. Die Amis (und, wie das Bild von Wowereit zeigt, zum Teil die Deutschen) sind da schon weiter und hören auf, gestellte Grinsefotos zu veröffentlichen – sondern stattdessen (genauso kontrollierte) Schnappschüsse. Jetzt könnte man meinen, nagut, kann halt nicht jeder so charismatisch sein wie Obama und Wowe. Doch ich finde, gerade Fotos von Pete Souza, dem offiziellen Fotografen des Weißen Hauses zeigen, dass es nicht so sehr das Motiv ist, das langweilig ist, sondern die Linse. Der schafft es sogar die als stocksteif geltende Merkel als sympathischen Menschen zu zeigen, die ihren Job macht – und auch mal Pause: Das hier und das hier finde ich zwei schöne Bespiele.

Das war auch Thema beim Pressegespräch zum Buch letzen Mittwoch, wo einer der besten Pressefotografen des Landes, Christian Müller, einen Punkt einbrachte, den ich im Buch nicht berücksichtig habe: Fotografen brauchen Platz. Der Grund, warum Pete Souza solche Bilder schießen kann ist, weil niemand in der Nähe des Objekts ist, das fotografiert werden soll. In Österreich drängelt sich immer ein Hinterbänkler auf’s Bild oder PassantInnen oder der/die PressesprecherIn. In den USA sind PolitikerInnen weiträumig abgeblockt vom einfachen Volk – sogar wenn sie dem einfachen Volk die Hand geben. Auch wenn es nicht erklärt, warum Organisationen noch immer Fotos einer Medienaktion zeigen und nicht AktivistInnen, die ein Wochenende lang an einem Transparent für eine Medienaktion malen, ist es doch eine Erklärung für fade Pressekonferenzfotos und führt zu einem Dilemma: so abschotten wie Amis sollten sich unsere PolitikerInnen ja dann doch nicht.

Auf Plakaten hat sich zumindest die ÖVP bereits vom alten Herrscherportraitfotostil verabschiedet, wenn man dem Bericht in einer Zeitung (die ich mir leider nicht gemerkt hab – war’s im Profil?)  glauben mag: Bald wird uns Michael Spindelegger – beraten von Deutschen – nicht in Herrscherpose, sondern in Wowereit-Pose grüßen; wenn ihm nämlich ein Kind einen Hut aufsetzt. Vielleicht verstehe ich dann endlich die „Startup/Matura/Bauherr“-Sujets.

UPDATE: Da ist es jetzt endlich: Michael Spindelegger geht auf den Spielplatz und es wird ihm ein Hut aufgesetzt.