Facebook goes Paper

photo (1) Heute vor 10 Jahren ist Facebook als Online-Version des traditionellen Harvard Erstsemestrigenportraitfotoregister online gegangen und hat seitdem – gemeinsam mit einer Hand voll anderer Plattformen – unseren Nachrichtenkonsum verändert. Im Echoprinzip argumentiere ich, dass das Netz journalistische ([Kon]Text)arbeit nicht ersetzt hat, sondern nur ergänzt. Was genau passiert ist braucht noch immer journalistische Aufarbeitung. Bloß DASS etwas passiert ist erfahren wir nicht mehr aus traditionellen Nachrichtenquellen.

Seit gestern versucht sich Facebook auch offiziell als Nachrichtenaggregator: Facebook nennt seine neue App Paper (nicht wie Papier sondern wie Zeitung). Sehr viel neu ist nicht, in Wahrheit stellt die App den eigenen Facebook Newsfeed ein bisschen hübscher (und wesentlich schneller als die alte App) dar. Was ohnehin in den letzten Monaten schon aufgefallen ist, wird jetzt noch auffälliger: Facebook schraubt zu Gunsten von Medien-Pages weiter am EdgeRank und zeigt Pages wie wie Buzzfeed, Süddeutsche und derstandard.at vermehrt. Daneben sieht man aber wie gewohnt Posts von FreundInnen, Geburtstagsglückwünsche und Babyfotos. Also „Soft/Social News“ gleichberechtigt neben Hard News (1), bloß nicht wie im Newsfeed untereinander, sondern in Indexkarten nebeneinander dargestellt. Zusätzlich zur Newsfeed-Indexkarte kann man – ähnlich wie bei Flipbook oder anderen Newsreadern – Themenindexkarten (Sport, Tech, Headlines, etc.) hinzufügen (2).

Paper kann alles, was auch die alte Facebook App kann – im rechten Eck sind wie gewohnt Freundschaftsanfragen, Nachrichten und Benachrichtigungen, etwas versteckt kommt man auch zu allen Pages und Profilen. Die tatsächliche Verbesserung ist, wie schnell Paper gegenüber der alten App selbst auf meinem alten iPhone 4 ist. Paper ist also keine Konkurrenz für Zeitungen ist, sondern vor allem für die alte Facebook App.

(1) So man bei Buzzfeed von Hard News sprechen kann.

(2) die – zumindest auf den ersten Blick – nichts an den Likes meines Accounts geändert haben.

 

2013-08-05 15.42.24

Das Part of the Game – Game

Der Wortwitz ist mir erst beim Tippen der Überschrift aufgefallen…
Wer das Echo Prinzip schon gelesen hat weiß, dass ich kein Fan von Kampagnen-Apps bin. Das liegt einerseits daran, dass sie sauteuer sind (vor allem wenn man bedenkt, dass man sie für mindestens 2 unterschiedliche Plattformen, iOS und Android, programmieren muss), andererseits, dass sie meistens nix können, was nicht eine mobil optimierte Website auch kann. Kamapgnen-Apps müssen eine von zwei Fragen gefallen lassen: 1) Werden sie von Menschen runtergeladen, die nicht eh schon überzeugt sind? Oder 2) helfen Sie, Menschen, die schon überzeugt sind dabei, andere (FreundInnen) zu überzeugen.

Die Grünen haben heute ihre App präsentiert, die beide Fragen mit JEIN beantwortet. Zwar ist die App auf den ersten Blick klar parteiisch, aber sie macht beim ersten Spielen Spaß und hat ab dem zweiten Spielen durchaus auch Sucht-Potential. Im Gegensatz zu vielen anderen Apps und Games ist es eines, wo ich – auch oder vielleicht weil ich die Mechanik noch nicht ganz heraußen habe – mir vorstellen kann, tatsächlich nochmal hinzugreifen. JEIN auch zur zweiten Frage: Es ist eine „social“ Funktion eingebaut: Man wird immer wieder aufgefordert die App auf Facebook posten zu lassen (für’s Spiel eher unnötig) und FreundInnen einzuladen hilft beim Spiel weiter (dabei stürzt das Game ab).  Überzeugen tut das wohl noch nicht, aber zumindest Bekanntheitverbreiten tut’s. Und das nicht schlecht, immerhin ist das Spiel TOP3 der Gratis Spiele im iOS App Store und mein 521. Platz heißt wohl, dass ich entweder der aller schlechteste bin oder mehr als 519 Menschen das Spiel am ersten Tag spielen.

Frage 1 und 2 sind aber garnicht das Ziel der App, denn die Grünen wollen offenbar eines in diesem Wahlkampf: Unbedingt und so viel wie möglich über Korruption reden. Ich muss also die beiden Fragen um eine dritte ergänzen: Hilft die App beim Agenda Setting? Zugegeben: Es ist wohl eine der teureren Taktiken, das Korruptions-Thema wieder auf die Public Agenda zu bekommen und neben den vier großen Themen des Sommers – Hitze, Asyl, Sommer und Wetter – ist das Game wohl nicht perfekt getimed. Aber man muss es ihnen schon lassen: Sie halten sich an den alten KommunikatorInnengrundsatz „Stay on Message.“

Was sie also eigentlich wollen müssten, um ihr Ziel zu erreichen: Von Meischberger, Grasser oder einem der anderen Proponenten des Games verklagt werden. So gut recherchiert,  faktenbasiert und juristisch abgedeckt die App auch ist, sie schreit förmlich nach Klage. Ob sie ihnen diesen Gefallen tun werden…