Edgerank

2013-08-21 12.49.00Das hat man davon, wenn man ein Buch schreibt. Ein Monat nachdem es draußen ist, bräuchte es schon wieder eine Aktualisierung. Der Grundsatz „Interaktion ist manchmal wichtiger als Information“ auf Seite 98 beschreibt den Facebook EdgeRank, einen Algorithmus, der bestimmt welche Postings wir sehen (bzw: der glaubt zu wissen welche Postings wir interessant finden) und welche uns nicht gezeigt werden. Welche Faktoren das genau sind ist natürlich so geheim wie das Coca Cola Rezept.

Seit kurzem gehen Gerüchte die Runde, es gäbe über 100.000 neue Faktoren, die beim Ranking eine Rolle spielen und Facebook würde das Ding längst nicht mehr EdgeRank nennen.

Unter anderem schreibt t3n über drei neue Faktoren, die bei der Reihung eine Rolle spielen:

  • „Re-Bumping“: Besonders aktuelle Beiträge listet Facebook im oberen Teil des Newsfeeds. Bislang wurden sie aber nur einmalig angezeigt. Erfolgte keine direkte Interaktion, wurden die Beiträge bei späteren Besuchenausgeblendet. „Re-Bumping“ zeigt aktuelle Beiträge erneut bei späteren Besuchen.

  • „Last Actor“: Bei der Bewertung von Beiträgen betrachtet Facebook die letzten 50 Interaktionen eines Nutzers. Aufgrund der regelmäßigen Interaktion erscheinen Beiträge des besten Freundes demnach deutlich häufiger im Newsfeed eines Nutzers.

  • „Chronological Ordering“: Facebook versucht serielle Beiträge, die Nutzer beispielsweise während einer Sportveranstaltung oder Fernsehsendung veröffentlichen, automatisch chronologisch zu ordnen.

Was sich jedenfalls nicht ändert ist, dass wenn man eine höhere Reichweite will Interaktion ermuntern muss – oder Facebook Geld geben.

2013-08-05 15.42.24

Das Part of the Game – Game

Der Wortwitz ist mir erst beim Tippen der Überschrift aufgefallen…
Wer das Echo Prinzip schon gelesen hat weiß, dass ich kein Fan von Kampagnen-Apps bin. Das liegt einerseits daran, dass sie sauteuer sind (vor allem wenn man bedenkt, dass man sie für mindestens 2 unterschiedliche Plattformen, iOS und Android, programmieren muss), andererseits, dass sie meistens nix können, was nicht eine mobil optimierte Website auch kann. Kamapgnen-Apps müssen eine von zwei Fragen gefallen lassen: 1) Werden sie von Menschen runtergeladen, die nicht eh schon überzeugt sind? Oder 2) helfen Sie, Menschen, die schon überzeugt sind dabei, andere (FreundInnen) zu überzeugen.

Die Grünen haben heute ihre App präsentiert, die beide Fragen mit JEIN beantwortet. Zwar ist die App auf den ersten Blick klar parteiisch, aber sie macht beim ersten Spielen Spaß und hat ab dem zweiten Spielen durchaus auch Sucht-Potential. Im Gegensatz zu vielen anderen Apps und Games ist es eines, wo ich – auch oder vielleicht weil ich die Mechanik noch nicht ganz heraußen habe – mir vorstellen kann, tatsächlich nochmal hinzugreifen. JEIN auch zur zweiten Frage: Es ist eine „social“ Funktion eingebaut: Man wird immer wieder aufgefordert die App auf Facebook posten zu lassen (für’s Spiel eher unnötig) und FreundInnen einzuladen hilft beim Spiel weiter (dabei stürzt das Game ab).  Überzeugen tut das wohl noch nicht, aber zumindest Bekanntheitverbreiten tut’s. Und das nicht schlecht, immerhin ist das Spiel TOP3 der Gratis Spiele im iOS App Store und mein 521. Platz heißt wohl, dass ich entweder der aller schlechteste bin oder mehr als 519 Menschen das Spiel am ersten Tag spielen.

Frage 1 und 2 sind aber garnicht das Ziel der App, denn die Grünen wollen offenbar eines in diesem Wahlkampf: Unbedingt und so viel wie möglich über Korruption reden. Ich muss also die beiden Fragen um eine dritte ergänzen: Hilft die App beim Agenda Setting? Zugegeben: Es ist wohl eine der teureren Taktiken, das Korruptions-Thema wieder auf die Public Agenda zu bekommen und neben den vier großen Themen des Sommers – Hitze, Asyl, Sommer und Wetter – ist das Game wohl nicht perfekt getimed. Aber man muss es ihnen schon lassen: Sie halten sich an den alten KommunikatorInnengrundsatz „Stay on Message.“

Was sie also eigentlich wollen müssten, um ihr Ziel zu erreichen: Von Meischberger, Grasser oder einem der anderen Proponenten des Games verklagt werden. So gut recherchiert,  faktenbasiert und juristisch abgedeckt die App auch ist, sie schreit förmlich nach Klage. Ob sie ihnen diesen Gefallen tun werden…

Das Internet ist eine Religion

Ich bin mir ja noch immer nicht sicher ob ich über den Titel des Fazits glücklich bin: Das Internet ist eine Religion. Angelehnt ist er an einer Rede am Personal Democracy Forum in New York 2011 gehört hab. Jim Giliam spricht über seine Liebe zum Internet aufgrund seiner persönlichen Geschichte. Damit startet mein Fazit. Und natürlich ist der Titel ironisch gemeint. Das versuche ich zu vermitteln, wenn ich schreibe: „Tatsächlich könnte man manchmal glauben, dass die Utopisten mit dem Internet Religion substituieren. Internetaffine Menschen sind oft unvernünftig, uneinsichtig und fordern Dinge ein, auf die sie gar kein Recht haben. Facebook-Fans fühlen sich manchmal mehr wie ein Mob an, der kritisiert, anstatt produktiv zu sein. Wir dürfen nicht vergessen: „‚Fan‘ kommt von ‚fanatisch'“, erklärt Martin Oetting in seinem Vortrag Willkommen im Rattenkäfig.“ Aber ob LeserInnen dann tatsächlich glauben werden, dass ich glaube, dass das Internet eine Religion ist und wir Internetkinder fanatische AnhängerInnen…naja, das hat man wohl davon wenn man aus diesem Internet geht, wo Dinge schwarz auf weiß gedruckt sind. Die ZEIT fand das Fazit jedenfalls gut und hat es in der heutigen Ausgabe vorabgedruckt.

Und hier die Rede von Jim Gilliam. Amerikanisch-pathetisch und jede Minute wert:

 

Proudly Presenting: Vorwort by Teddy Goff, Obama’s Digital Director

Vorworte von ExpertInnen sind so eine Sache. Sie sollen AutorInnen in ihrer Expertise nicht in den Schatten stellen, dürfen nichts verraten, aber sollen trotzdem zum Text beitragen, den sie meistens – recht offensichtlich – nicht gelesen haben. Deshalb freut’s mich, dass ich einen Vorwortschreiber gefunden habe, auf den das alles nicht zutrifft: Er stellt meine Expertise tausendfach in den Schatten – immerhin war er Online Director der größten Kampagnenoperation bisher; verrät nichts, weil er das Buch nicht gelesen haben kann – seine Deutschkenntnisse sind enden wollend – und trägt dennoch etwas bei, was niemand anderer kann: Sein Vorwort ist an der Schnittstelle, an der auch das Buch ansetzt. Einerseits spricht er darüber, was sich zwischen 2008 und 2012 im Onlinecampaigning verändert hat, andererseits vertritt er die Meinung, dass online nicht alles ändert.

Bevor Teddy in der Obamakampagne angedockt ist, war er VP bei Blue State Digital, im April 2013 gründete er gemeinsam mit der ehemaligen Pressesprecherin der Kampagne, Stephanie Cutter, und der ehemaligen Vize-Kampagnenmanagerin Jen O’Malley Dillon die Agentur Precision Strategies.

Das Vorwort erscheint übrigens einerseits in einer übersetzten Version, andererseits im Anhang im Original.

Aus dem Vorwort: „Je mehr die Wirkung von Social Media auf unser Leben zunimmt, umso konsequenter verschiebt sich die Machtbalance weiter von den Unternehmen zu ihren Konsumentinnen und Konsumenten, von der Politik hin zu normalen Bürgerinnen und Bürgern. Obwohl sich die Antworten konstant weiterentwickeln, ändert sich die Frage nicht, die sich eine politische Kampagne stellen muss: „Wie können wir Menschen jene Erfahrungen geben, die sie wollen?” Denn wenn sie diese nicht bekommen, wenden sich aktive Unterstüzer ab. Doch wenn sie diese erhalten und sich beteiligen können, kann digitale Unterstüzung reale Wunder wirken.”