Feig. Ein Zwischenbericht. Teil 1

Eigentlich wollte ich nur wissen, welche Beamten und auf welcher gesetzlichen Grundlage mich  am 18.1. im Zug kurz nach Wien kontrolliert haben. Bevor ich das erfahre, wird mir attestiert ich „klinge wie ein Österreicher“ und muß zwischenzeitlich schon befürchten, es waren Betrüger am Werk. Eine Choose-your-own-adventure Geschichte durch den Österreichischen Polizeiapparat. Schritt 1-11.

Die Vorgeschichte: Am 18.1. werden ich und zwei andere Herren von drei PolizistInnen in Zivil nach meinem Ausweis gefragt. Einer der beiden wird gebeten mitzukommen. Ich ärgere mich, dass ich ihn nicht unterstützt habe. Soweit zur Ausgangssituation, die ganze Geschichte ist hier nachzulesen.

Auf Twitter und in Kommentaren zum Eintrag werden zwei Dinge schnell klar:

1.) Es handelt sich um eine Kontrolle nach Schengen, das Staaten zu Kontrollen im Inland verpflichtet.

2.) Das Einzige, was ich jetzt noch tun kann ist dokumentieren, weitererzählen, nachfragen. Und genau das habe ich gemacht. Nach rund einem Monat und mehreren schriftlichen und telefonischen Anfragen bleibt die scheinbar am einfachsten zu beantworteten Fragen ungeklärt: Was ist die gesetzliche Grundlage für die Amtshandlung? Was sind die Dienstnummern der amtshandelnden PolizistInnen?

Um das herauszufinden, muss man nämlich erst wissen, welche Landespolizeikommandatur an jenem Tag in diesem Zug kontrolliert hat – aber alles nach der Reihe.

20.1.2012

Schritt 1

Ich rufe beim Bürgerbüro des BMI an. Dort ist man überfragt, aber überrascht dass ich im Inland nach meinem Ausweis gefragt wurde. Ich werde an die Bundespolizeidirektion Wien verwiesen.

Schritt 2

Die Dame bei der BPD Wien bezweifelt, dass das die Polizei war und ist überrascht, dass jemand mitgenommen wurde. Auch die Frage nach der gesetzlichen Grundlage kann sie mir nicht beantworten. Sie bittet mich, ein Email an den Informationsdienst zu schreiben, von denen ich in 2 Tagen eine Erstantwort erwarten dürfe, die Bearbeitung kann dann länger dauern.

Schritt 3&4

Zur Sicherheit rufe ich sowohl bei den ÖBB, als auch beim Zoll an. In beiden Fällen ist man ratlos, aber freundlich. In beiden Fällen wird meine „Vermutung“ bestätigt, dass es sich um eine Polizeiamtshandlung handelt.

Schritt 5

So ganz will ich noch nicht aufgeben. Ich rufe beim Pressedienst der Polizei an. Dort werde ich gefragt, warum ich die Beamten nicht vor Ort nach ihren Dienstnummern gefragt habe, denn wenn ich das nicht getan habe „dann muss ich ihnen leider sagen ‚Pech gehabt'“. Sie bestätigt mir weiters, dass wenn es Wiener PolizistInnen waren, die Amtshandlung dokumentiert sein muss. Nach einer weiteren Nachfrage bei einer Kollegin findet sie heraus, dass ich bereits ein Email geschickt hätte. Das Gespräch endet mit Verweis auf Antwort via Email.

25.1.2012

Schritt 6

Das von Schritt 2 versprochene den Erhalt bestätigende Bestätitungsemail ist noch nicht gekommen. Ich rufe an und frage nach. Ja, haben sie erhalten, wird bearbeitet. Eine  halbe Stunde später kommt ein Bestätigungsemail.

1.2.2012

Ich erhalte – überraschend zeitnahe – ein Email mit folgendem Inhalt:

Bezugnehmend auf Ihre E-Mail vom 20.01.2012 teilen wir Ihnen mit, dass eine Überprüfung Ihres Vorbringens veranlasst wurde. Dabei wurde festgestellt, dass von der Bundespolizeidirektion Wien keine Kontrollen in fahrenden Zügen durchgeführt werden. Es erfolgen lediglich Kontrollen im Vorfeld, wie z.B. am Bahnsteig oder in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs. An dem von Ihnen angeführten Tag fanden auch keine Vorfeldkontrollen der zuständigen Einsatzgruppe statt. Zu Ihrer Eingabe kann daher keine Stellungnahme abgegeben werden, da kein Bediensteter der Bundespolizeidirektion Wien in die von Ihnen dargestellte Amtshandlung involviert ist.

Schritt 7

Gut, wenn’s die Wiener nicht waren, werden es die NiederösterreicherInnen gewesen sein, denke ich mir und schreite zur Tat. Im Landespolizeikommando St. Pölten weiß man zwar sofort was es ist „eine fremdenpolizeiliche Maßnahme“ nämlich, aber sonst sind sie ratlos und schicken mich zur Bundespolizeidirektion St. Pölten.

Schritt 8

Zum ersten Mal, zwei Wochen nachdem mir die Sache widerfahren ist, nennt „die Sache“ jemand beim Namen: AGM – Außgleichsmaßnahme. Als „Ausgleich“ für offene Grenzen. Auch hier werde ich ein wenig im Kreis geschickt, bis ich bei einer Dame lande, die keinen Namen, sondern nur eine Dienstnummer hat. Sie erklärt mir, dass das eine Maßnahme nach dem Sicherheitspolizeigesetz oder Fremdenpolizeigesetz ist, je nachdem ob ich österreichischer Staatsbürger sei oder nicht, aber „sie klingen als wären sie Österreicher“ also wird es wohl eine Personenkontrolle gewesen sein, sagt sie. Gut zu wissen. Aber auch sie weiß nicht, wer genau kontrolliert hat. Sie verbindet mich mit der Verkehrsabteilung.

Schritt 9

Die Verkehrsabteilung der Landespolizeikomandatur NÖ ist die erste tatsächlich hilfreiche Stelle: Er hat zwar nur was mit der Autobahn zu tun, mit dem Zug fährt eine andere Dienststelle, aber er versucht trotzdem herauszufinden, wer’s war. Ich erhalte sogar einen Rückruf, leider mit ernüchterndem Ergebnis: „Von Niederösterreich ist niemand gefahren.“ Er verweist an das Bürgerservice im BMI…

Schritt 10

Das ja meine aller erste Anlaufstelle war. Aus Schritt 5 weiß ich: Wenn es die Polizei war, muss es dokumentiert werden. Ich weiß bereits schriftlich, dass es nicht die WienerInnen waren und mündlich, dass es nicht die NiederösterreicherInnen waren. Langsam ist also auch eine weitere Option möglich: Es waren BetrügerInnen. Ich erzähle also beim BürgerInnenservice des BMI noch einmal meine Geschichte, mit zwei Neuigkeiten: a) Ich verwende das kleine Wort „mutmaßlich“ vor Beamten und b) Ich habe einen offiziellen Schrieb der BPD Wien, der sagt, dass sie’s nicht war. Ich werde gebeten meine Geschichte per Email an die Sektion II.1c des BMI zu senden.

Schritt 11

Schon am nächsten Tag werde ich zurückgerufen. Der freundliche Herr hört sich meine Geschichte noch einmal an und sagt mir, dass Ermittlungen aufgenommen werden.

13.2.2012

Viereinhalb Wochen nachdem mein Ausweis kontrolliert wurde erhalte ich schriftlich Antwort: Es waren die OberösterreicherInnen, die mich kurz nach der Abfahrt Wien kontrolliert haben. Ich werde außerdem allgemein über die gesetzliche Lage aufgeklärt.

Nachdem jetzt endlich geklärt wurde, Beamte WELCHES BUNDESLANDS mich kontrolliert haben, kann ich nach diesem kleinen Umweg jetzt zur eigentlichen Frage übergehen: Was sind die Dienstnummern der amtshandelnden PolizistInnen.

Werde ich die Dienstnummern erhalten? Werden meine Detailfragen zur AGM beantwortet werden? Und: Wie lange wird es dauern? All das und mehr. Stay tuned. Es gibt noch 10 (und mehr) Schritte zu gehen!

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