Hört auf zu beschreiben, fängt an zu begreifen

Screenshot_5_15_13_10_44_AMEs gibt in der Diskussion, was Onlinekanäle in der politischen Kommunikanion leisten/wie sie sie verändert drei immer wiederkehrende Punkte, die alle drei die Diskussion unnötigerweise Verkürzen:

1) Die Diskussion dreht sich nur darum wir „ein Politiker“ Onlinekanäle nutzen kann
2) Die Analyse einer Präsenz bleibt bei „XY hat YZ Fans“ stehen
3) Die Beschreibung heißt zwar „[Social Media Plattform] für Politische Kommunikation“ geht aber nicht über „so bauen sie einen LIKE Button ein“ hinaus.

Vor diesem Triumvirat ist nicht einmal Facebook selbst gefeit. Die Broschüre „Facebook erfolgreich nutzen – Leitfaden für Politiker und Amtsträger,“ die offenbar gemeinsam mit einer Social-Media-Monitoring Firma (don’t even get me started) herausgegeben wurde (oder letztere hat das Facebook Corporate Design kooptiert – so genau kann man das nicht sagen), ist Anlass für diesen Rant (die Diskussion auf der ich sie zum ersten Mal gesehen habe auch, aber jetzt reicht’s erstmal mit Klammern und Einschüben). In ihr stehen Sätze wie: „Teilen Sie Texte, Fotos, Videos, Podcasts und Links, erstellen Sie Veranstaltungen und stellen Sie direkte Fragen, um eine persönliche Beziehung zu Ihren Anhängern aufzubauen.“ oder „Ihr Publikum wartet.“ oder „Ich berichte auf Facebook von Terminen, stelle Fotos von Zusammentreffen und Videos meiner Reden auf Facebook.“

Vor allem letzteres finde ich ein schönes Beispiel, wie politische KommunikatorInnen noch immer alte PR-Taktiken auf die neuen Kanäle anwenden. Es scheint fast, als würden sie meinen „Hurra, die Gatekeeper traditioneller Medien sind weg. Endlich hindert mich niemand mehr daran mein Gesicht stundenlang in die Kamera zu halten.“

Das ist ihnen aber nicht vorzuwerfen. Immerhin stehen solche Vorschläge in offiziellen Facebook-Handbüchern und sie haben es nicht anders gelernt. Wer es besser wissen sollte, sind wir Internet Menschen. Aber selbst wir sind nicht vor diesen drei Verkürzungen gefeit. Neulich auf einer Diskussion im Europa Haus gab es eine Veranstaltung zum Thema „Social Media und EU Kommunikation“ wo die Diskussion mit dem EU-Social Media Kommuikationschef, einer Facebook-Europe Person und dem von mir äußerst geschätzten Michel Reimon sofort in eine „Müssen Politiker im Internet lustig sein“ Diskussion verkam.

Zum Thema „Lustig“ und „authentisch“ fällt mir immer der äußerst treffende Kommentar von Colin Rogero ein: „If you’re boring, you’re boring.“ Das ist auch der Grund, warum ich Punkt 1) so verkürzt halte. Wie PolitikerInnen Facebook zum persönlichen Branding nutzen, ist mir doch wurscht. Manche sind um- und zugänglich, andere nicht. Daran werden auch Onlinekanäle nix ändern. Was viel interessanter ist, ob sie und ihre KommunikationsstrategInnen verstehen, zum dort Diskurs beizutragen.

Genau deshalb ist es auch egal, ob ein/e PolitikerIn 100 oder 1000 Fans hat. Leider lässt sich jeder „Social Media Check“ von Zahlen ablenken (Das zum Beispiel: http://www.fine-sites.de), aber auch JournalistInnen gehen fast nie darüber hinaus, wie viele Menschen Parteien um sich versammelt haben.

Deshalb mein Plädoyer: Hören wir auf, Social Media zu beschreiben, sondern reden darüber, was politische KommunikatorInnen in Onlinekanälen machen. Lasst uns nicht mehr von Zahlen ablenken lassen und nicht mehr über politische Persönlichkeiten sprechen, sondern über Themen und die Public Agenda und wie der durch das und im Netz verändert ist. Und lasst uns keine Anleitungen mehr schreiben, wie Like Buttons in Pages sondern wie Menschen in Politik „eingebaut“ werden können.

So. Rant over.

Hier übrigens der Link zur Facebook Für Politiker Broschüre.

Warum „Das Echo-Prinzip“?

Das Kerngeschäft von (politischer) Kommunikation ist die Beeinflussung des öffentlichen Diskurses. Das ist bisher durch Arbeit mit traditionellen Medien und PR-Tools, wie Presseaussendungen, -konferenzen, Medienaktionen, Studien, etc. geschehen. Was in der Zeitung diskutiert wird, so das Medienverständnis bisher, ist Public Agenda. Was nicht in der Zeitung steht, passiert nicht.

Vor wenigen Jahren kam ein neuer Kanal dazu, der scheinbar alles veränderte: Das Internet (vor allem in der Ausprägung „Social Media“ plötzlich als revolutionär anerkannt). Doch Onlinekanäle verändern gar nicht so viel, so meine These: Es veröffentlicht nur jene politische Diskussion, die bisher nicht-öffentlich stattgefunden hat, und damit in den Köpfen politischer KommunikatorInnen nicht präsent war. Zusätzlich zu traditionellen Medien – und der Beeinflussung des Diskurses dort – müssen KommunikatorInnen sich jetzt auch online am Diskurs beteiligen. „Zusätzlich“ weil der Abgesang auf traditionelle Medien verfrüht ist, so meine zweite These. Vielmehr bilden traditionelle Medien und Onlinekanäle zwei Seiten einer Echokammer, die Botschaften verbreiten und verstärken.

Diese neue Seite folgt allerdings ganz anderen Regeln, als traditionelle Medien. Wer versucht alte PR-Taktiken auf die neuen Kanäle anzuwenden, wird scheitern. Es gelten neue Grundsätze, die „Das Echo-Prinzip“ anhand von Beispielen aus der europäischen und US-amerikanischen politischen Kommunikation, beschreibt.

Dieser Blog versucht das alte Medium Buch zu ergänzen und aktuelle Beispiele anhand der Grundsätze im Buch zu analysieren. Dabei geht’s mir – wie auch im Buch – nicht darum, zu erzählen, wer wie viele Fans auf Facebook hat, sondern was man mit ihnen machen könnte.

Wer an die Erscheinung erinnert werden will, kann hier seine/ihre E-mailadresse eintragen und bekommt pünktlich zum Erscheinungsdatum eine Erinnerung und eine Einladung zur Buchpräsentation:

Erinnere mich!