No Impact, Man!

Collin Beavan und seine Frau Michelle Colin ist eine ganz normale Bobofamilie in New York City. Sie sind SchreiberInnen (er Bücher, Sie Buissines Week) leben in einem schönen Appartment in Manhattan, haben eine kleine Tochter und ein schönes Leben. Sie zünden keine Sandelholzräucherstäbchen an, haben keine afrikanischen Devotionalien an den Wänden und keine südostasiatischen Tücher. Irgendwie aus einer Laune heraus, er hat gerade kein Thema für ein Buch, beschließt Collin ein Jahr lang keinen „Impact“ auf die Umwelt zu haben. Die Regeln von Anfang an: Kein Fernsehen, keine Transportmittel außer Rad, kein neues Zeug. Die weiteren Phasen sind rollende Planung. Dahinter steckt kein Konzept, keine Theorie, kein Plan, nur ein ziemlich hehres Ziel. Erstes Etappenziel: Kein Müll. Das heißt auch kein Klopapier, gekauft wird nur mehr am Farmer’s Market. Im Monat Sechs wird der Strom abgedreht. Der Kühlschrank wird ein Topf in einem Topf und statt der Waschmaschine stapft die Familie in der Badewanne auf der Wäsche rum.

No Impact Man ist keine der üblichen Zeigefinger, schlechtes Gewissen Dokus, es ist die Geschichte einer Familie. Der Film ist zwar nach dem Mann benannt, seine Frau ist aber jene, die den Film interessant macht. Sie ist nämlich ÜBERHAUPT NICHT von seinem Projekt überzeugt. Sie will ihren Starbucks Kaffee trinken, sie will keine Wurmbox als Kompost in ihrer Küche stehen haben. Er ist der Nebendarsteller. Sie ist der Star, die Sympathieträgerin, die wunderbar Reflektierte. Es ist die Geschichte ihrer Entwicklung. Am Anfang trinkt sie heimlich in ihrem Büro Wasser mit Eiswürfeln. Am Ende freut sie sich, dass sie wieder einen Kühlschrank hat. Der Film will uns nämlich nicht weismachen, dass das der ultimative Lebensstil ist, aber um sein Verhalten nachhaltig zu verändern, muss man über’s Ziel hinausschießen.

In jeder zweiten Minute des Films, kann man sagen: ABER DU HAST EIN STROMFRESSENDES KAMERATEAM VOR DIR. oder ABER DU HAST EINEN BLOG DER ENERGIE VERBRAUCHT oder ABER KEINEN FERNSEHER HABEN ABER DANN INS FERNSEHEN GEHEN IST HEUCHLEREI oder ABER…HANDY. Die Vorwürfe prallen aber ab, weil das Experiment (fast) nie mit dem Zeigefinger winkt. Die beiden haben die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen sondern lernen im Prozess. Deshalb verkaufen sie ihr Experiment nie als DIE Lösung, sondern als Wette mit sich selbst.

The film, like Beavan himself, leaves an unholy mess of contradictions in its wake, but most productively, a great deal of those contradictions are our own. – AV Club

The family has its struggles, certainly, but even more than a statement about the environment, No Impact Man offers a thoughtful narrative on the compromises of marriage and how this particular couple found a way to meet in the middle. – New York Observer

No Impact Man (2009), ein Film für eso-lose Ökos in spe. Hoffentlich bald in europäischen Kinos:

Die Wette kann man auch mit sich selbst machen: http://noimpactproject.org

to engage the mutual understanding Part 4

Heute: Das Kinogehen.
Es ist ja so, dass es nicht wie bei uns in jedem Kino alles spielt. Erster Schritt ist also nach der Filmwahl die Suche nach dem Kino, in dem es den Film spielt. Dann weiß man aber noch lange nicht wann. Zumindest nicht, wenn man sich TimeOut (TONY, wie ich gelernt habe) gekauft hat. Da steht das nämlich nicht. Dann ruft man also im Kino an. Die sagen einem dann eine Zahl, wie: 7:20. Tatsächlich spielt es den Film dann um 7:20. Warum genau um 20 Minuten nach 7 (die zweite Vorstellung war dann übrigens um 9:35), habe ich nicht herausfinden können. Diese Phänomen ist neben dem Mysterium, was an Baseball spannend ist in Moment meine zweite große Mission. Dann kommt man also zum Kino und kauft sich eine Karte (wenn man Glück hat ohne Schlange) und dann stellt man sich in eine ellenslange Schlange, die vom Kinoeingang am Gehsteig bis zur nächsten Kreuzung reicht und wartet auf den Einlass. Die Karten sind nicht nummeriert. Im Kinosaal ist dann also ein lustiges Feilschen um Plätze nebeneinander, reservieren, aufs Klo gehen, etwas zu trinken kaufen (letzte beiden unmöglich, wenn man alleine ist, sonst ist der Platz futsch)…
Und dann sieht man sich z.B. einen französischen Film mit englischen Untertiteln an. Empfehlenswert ist: Blame it on Fidel. Die Eltern einer Achtjährigen geben ihr bürgerliches Leben auf und werden Revolutionäre. Warum sie das tun argumentiert der Film nicht besonders gut, aber es ist entzückend erzählt, wie sich das Leben von Anna ändert, jeden Abend bärtige, rauchende Männer in ihrem Wohzimmer sitzen, Venceremos singen und sich über den Sieg Allendes freuen. Das Mädchen bleibt übrigens in den gesamten 90 Minunten die erwachsenste Person im Film.
Man könnte sich auch ansehen: No end in sight. Yet another Irak Doku. Diesmal aber aus Perspektive des Nachdemkriegwiederaufbaus. Ich hatte mir vor der Doku noch nie darüber Gedanken gemacht, wie man ein Land handelt, nachdem man es niedergebomt hat. Insofern spannend.

Ps: Morgen, 7 a.m. Abflug von Newark nach San Francisco