Windy, Cold, Rainy, Snowey, Lovely City

Ob die Stadt ihren Spitznamen vom Wetter oder der windigen Politik hat, ist unklar. Ein Reisetagebuch (indem der Name der Stadt nicht weiter diskturiert wird)

Dienstag

Um 5 Uhr früh kommen wir mit dem Überlandnachtbus in Chicago an. Ich mag vielleicht nie die Kulturtechniken Essen und Schuhbänderbinden gelernt haben, aber eines kann ich: überall schlafen. Nach einer halben Folge West Wing auf meinem Video-Ipod bin ich weggeschlummert und erst in Chicago aufgewacht. Der Rest der Truppe: Marcela, Marie und Max, der Freshman, hat nicht so gut geschlafen. Dementsprechend übernehme ich das durch die Stadt lotsen. Die Jugendherberge ist sauberkeits und freundlichkeitsmäßig eher auf der Schattenseite, aber bis auf Schlafen muss man ja dort nichts machen. Duschen macht man nur, um den anderen Mitreisenden mitzuteilen, dass man eh auf seine Hygiene achtet. Tatsächlich fühlt man sich nach dem Duschen nicht unbedingt sauberer.
Nachdem eine riesige Nebeldecke über Chicago schwebt verschieben wir den Searstower auf Freitag (weather.com sagt Sonnenschein). Erster echter Stop also gegen 10:30 im Art Institute Chicago. Und jetzt folgendes Problem: Das Art Institute of Chicago ist ein Museum. Sowas mit Bildern und allem. Berühmten Gemälden und Portraits und Stilleben und das alles. Sowas, wo ich normalerweise sagen würde: Is ja ur fad. War’s aber nicht. Es hat mir gefallen. Ist das Erwachsen sein?

Wir sind eine sehr gendersensible Gruppe in einem sehr ungenderunsensiblen Laden. Der American Girls Place gefällt der Hälfte der Truppe und eben nicht den beiden Mädchen, sondern mir und Marie. Groß beworben im dreistöckigen Puppengeschäft wird vor allem die neueste Puppe: Meet 70s girl Julie Alrbight. The New Historical Character. Ich frag mich ja, wie es diversen Eltern geht, die die eigene Generation ihren Kindern als „historic“ unter den Weihnachtsbaum legen.

Mittwoch

Ich war schon ewig nicht mehr im Planetarium. Deshalb hat mir sogar der „Star of Wonder“ Film gefallen, der der Frage nachgegangen ist, was denn in jener Nacht astronomisch passiert sein könnte, in der die heiligen drei Könige dem Stern folgen. Die Antwort nach 23 Minuten stammt aus einem Drehbuch von Gallileo Mystery (Pro7): Wir wissen es nicht. Dass der gute Matthias den Stern erfunden hat ist ihnen nämlich nicht in den Sinn gekommen.

Chicago ist auch die Stadt der Stuffed Pizza. Ich weiß nicht genau, was der Grund war: Entweder die italienischen Auswanderer haben ihre alte Heimat so gehasst, dass sie nicht mal mehr leckere Pizza machen wollten oder sie haben ihre neue Heimat gehasst und haben deshalb Stuffed Pizza erfunden. Was es auch immer gewesen ist: Stuffed Pizza ist eine Mischung aus Quiche, Pie und Pizza. Seht selbst:

Nach einem Ausflug ins Hologrammuseum haben wir den Abend in der Jazzkneipe Andy’s ausklingen lassen.

Donnerstag

Diese Amis nehmen Thanksgiving ziemlich ernst. Ich sollte sagen amerikanisches Thanksgiving. Das echte Thanksgiving ist nämlich drei Wochen früher in Kanada. Behaupten zumindest KanadierInnen. So ernst, dass sogar Starbucks, McDonalds und Co. geschlossen haben. Dafür fliegen Elmo und BigBird durch die Luft, was EuropäerInnen jetzt auch kein Begriff ist, wenn sie nicht gerade die großartige Begengung zwischen Big BIrd und CJ im Kopf haben (The West Wing, Season 5, Episode 16).
Außerdem gibt es in Chicago einen German Christkindlmarket, der natürlich besucht werden muss. Ja, ich habe Milka für 3 Dollar und eine Leberkäsesemmel für 5 gekauft. Soviel muss einem der Geschmack von Heimat halt wert sein.

Freitag

Tatsächlich ist Sonnenschein und dementsprechend haben wir einiges zu tun, was wir dafür aufgehoben haben: Lincoln Park, Sears Tower, Rivercruse (die wir dann doch auslassen). Außerdem läutet Thanksgiving die Einkaufsseason ein. Niemand weiß genau, warum, aber es tun sich ca. 2 Millionen Menschen ohne jeglichen Zeitdruck (Weihnachten ist immerhin noch ein Monat weg und die Sales sind, wie schon diskutiert nur „Verkäufe“ und keine „Verbilligungen“) an, am Freitag nach Thanksgiving auf den zwei Einkaufsstraßen Chicagos einkaufen zu gehen. Sind Language Assistents schlauer, als 2 Millionen Menschen? Nein. Black Friday muss man einfach mal erlebt haben. Geschäfte öffnen übrigens gegen 5 am. Für alle, die’s nicht so mit der 12 Stunden Uhr haben: Ja, das ist 5 Uhr früh.
Abends gehen wir dann in ein Musical: A wonderful life. Die amerikanische Christmas Caroll sozusagen. Mannmannmann ist das kitschig – sogar für mich. Aber nett ist es trotzdem.

Gute Geschichten beginnen mit einer der folgenden Phrasen: I know shortcut ((c) Menzl) oder: Ich gebe das wichtige Dokument an diese Stelle, damit ich es ja nicht vergesse. Das wichtige Dokument war in unserem Fall der Code für den Bus, der uns nach Cleveland bringen sollte. Und so haben wir die letzten 2 Stunden zwischen Musical und Abfahrt damit verbracht, ein Hotel zu finden, dessen RezeptionistIn uns schnell ins Internet lässt, um das Email mit dem Code nochmal auszudrucken. Eine halbe Stunde vor der Abfahrt überlegt sich Yussi, dass er ja noch nicht in seine geheime Bauchtasche geschaut hat….

2 Kommentare zu “Windy, Cold, Rainy, Snowey, Lovely City

  1. sternfahrerin

    großartiger reisepost, beneide dich vor allem um den abend in einem chicagoer jazzclub!
    ich wußte ja das dich die usa verändern wird, aber dass du ein känguruh wirst hätte ich mir nicht gedacht.

    Antworten
  2. marliese

    Super!! Schuhbinden ist nicht mehr Schulreifetest, was für ein Glück. Überall schlafen können ist wohl genetisch bedingt, nicht von der Mutter geerbt. Aber vielleicht doch Bilder und so anschauen und das Nichtfinden wichtiger Tickets.

    Antworten

Hinterlasse deine Gedanken

Deine E-mail Adresse wird nicht publiziert. Alle Felder mit * markiert, sind Pflichtfelder.

Du kannst folgende HTML Tags und Attribute verwenden: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

*

*