Ökologie mit menschlichem Antlitz

Free Republic of Takoma Park. So wird die Suburb liebeveoll genannt, in der ich (vorerst?) meine Zelte aufgeschlagen habe. Free Republic of ist in den Staaten ein Code für liberal/progressiv. In den Staaten ist liberal/progressiv ein Codewort für Öko. Aber auch diese Bezeichnung entspricht nicht der europäischen Bezeichnung. In den Free Republics der USA herrscht Ökologie mit menschlichem Antlitz. Es ist eine Ökologie, die auf der von mir kreierten Georgs-Skala nahe an M liegt. Zur Erklärung: Meine beiden Freunde Georg M und H und der fiktive Georg V. sind zu unterschiedlichen Graden öko alergisch.  Während V. ein Vanatiker ist, ist H zwar dem Öko abgeneigt, aber daran gewöhnt. M widerum hält das alles unter keinen Umständen aus.

Wie sieht also eine M-Ökologie aus? Nun, es ist alles ökologisch, ohne auf die Vorteile menschlichen Fortschritts zu verzichten. Am Ende meiner Straße steht der einzige Fastfood-Stand der Stadt. Es ist ein (exzellenter) organisch-veganer Falafelgrill. Wenn man eine Limonade zu seinem Falafel bestellt, muss man aber trotzdem nicht auf den Plastikbecher mit Strohhalm verzichten und die Saucen kommen in kleinen Plastikdöschen. Meine hippie Mitbewohnerinnen sind zwar vegetarisch und trennen Müll (mehr dazu in einem eigenen Post), tanzen und machen Gartenarbeit, dennoch belasten sie meinen Kopf nicht Sandelholzduft, haben einen Trockner (ich liebe frische Wäsche aus dem Trockner <3) und fahren die drei Meter zum Supermarkt mit dem Auto. Der Coffeeshop bei der U-Bahnstation wird betrieben von einem Mann mit Dreadlocks, der zu Burning Man fährt, das Equipment einer Feuershow in der Auslage und Bilder davon an der Wand hat, der Fair Trade Kaffee verkauft und öko-spirituelle Flyer aufliegen hat, den Kuchen bekommst du trotzdem im Plastiktapperl serviert. Der Food Co-Op, bei dem man um 100$ Mitglied werden kann aber trotzdem um den selben Preis einkauft, wie die Nichtmitglieder, verzichtet trotz ökologisch angebauter Erdäpfel und Äpfel nicht auf die Klimaanlage und automatisch öffnende Eingangstüre.

Warum die Skala nicht völlig auf M ausschlägt? Nun, Fleisch essen sie wirklich fast keines…

Over Weight

I have to admit, the pun doesn’t work in english. But really, that doesn’t hold me atop (1). But let’s try real english for once. I did everything I could to eat everything good for me but bad for my body in my first week back. The term soulfood might come to mind, and indeed, all those great dishes had a soul once. (Well, not c)
At this point, after having ate a Blunzengröstl today, I can proudly say, I succeeded. American food has the hardly earned image to be not very healthy. For some reason, Austrian food doesn’t have this image. It should. Mjam things I ate last week:
a) Schnitzl
b) Cordon Bleu
c) Knödel mit Ei
d) Blunzengröstl (2)


The first is to Austrian food like steaks to American: It’s meat, it’s great and it’s everywhere. The Schnitzl comes in it’s original form of Wiener Schnitzl and in a gazillion different version, from Jägerschnitzl (with mushrooms) to Pariser Schnitzl (eggs instead of breading). Since the original Wiener Schnitzl meat is veal and therefore expensive (3), it sometimes comes in the variations Schweinsschnitzl (pig) or Kinderschnitzl (children). Regardless of the meat, it can be described to an american as the delicious big brother of pork chops.

Cordon Bleu is a variation of the Schnitzl. It sounds french but it isn’t (4). It’s the Schnitzl Version of a Calzone: Within the delicious Schnitzlmantle you’ll find a delicious piece of melted cheese and ham. Calzone meets American Grilled Cheese with Ham.

It was surprising, that the American cuisine doesn’t know Knödel (dumplings) at all. There is a wide arrangement of great dumplings, from Marillenknödel (apricots in a dumpling) to Erdäpfelknödel (potatodumpling) and of course the mother of all dumplings: The Semmelknödel (bread roll dumpling). It’s a food you could also find in Lowry. The concept is really simple: Take yesterdays dumplings, throw them in a pan and mix’em with eggs. Voilá there you have your Knödel mit Ei. De-licious.

Blunzengröstl is like David Hasselhoff: You love him or you hate him. (5) It comes in a pan. Usually with Sauerkraut. Blunze is mixed with potatoes, onions, maybe some peppers, ect. What is Blunze, you ask? Well…that’s the catch (the delicious, awesome, mmmmjam catch): It’s clotted blood. Mahlzeit!

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(1) Little German Dictionary: aufhalten, literally „to hold atop“ means: that can’t stop me.
(2) Looking at this list, it strikes me: I totally forgot to ate Schweinsbraten, but then again, I had it once at the German Dinner in Wooster
(3) Some people, babytarier, don’t eat it, because they think an animal should live a happy life in a butchers stall before it gets slaughtered.
(4) It probably is.
(5) For some reasons, Americans can’t accept the fact that D.H. is AWESOME. It’s a little bit like Arnold: He’s a star in a country, but not very appreciated, where he’s coming from.

Honestly, Who does that? Teil 6

Schon lange nicht mehr hatten wir diese feine Kategorie hier im Blog. Wir hatten Spagetti im Flieger, Oreos Pizza und Harassment von Veteranen. Heute: String Cheese.

Mit dem Käse haben sie’s ja grundsätzlich nicht so, die Amis. Was sie patriotisch Amerikan Cheese nennen, ist eine leuchoranger quadratischer schmelzkäseartige (1) Scheibe. Swiss Cheese hat mit der Schweiz nur insofern was zu tun, als dass er Löcher hat (2). Provolone ist mein Lieblingskäse, weil er (jene, die meinen Käsegeschmack kennen, haben es bereits erraten) geschmacksneutral ist. Dann gibt es noch Pepper Jack, der so viel scharf ist, dass es egal ist, was um die kleinen Jalapenostücke rum ist. Zusätzlich zu diesen festen Formen des Käses gibt es aber noch eine weitere Form: Flüssigkäse. Klingt ekelig, in Wahrheit gönnen wir EuropäerInnen uns das aber auch manchmal im Kino. Von dem gibt es dann noch Varianten, Käse in Tuben (zum praktisch auf den Cracker portionieren (3), Käse im Glas.

Nichts, finde ich aber, übertrifft String Cheese (rechts, in der American String Cheese Variante). Es hat die perfekte Größe für ein Lunchpaket
und das ist nicht seine einzige tolle Eigenschaft. Der Name String kommt nämlich nicht, wie das ungeschulte Auge auf den ersten Blick meinen möge, von seiner schnurartigen Form. Weit gefehlt! Der Name kommt von seiner Fähigkeit, in dünne Fasern zerrissen zu werden.
Diese Erfindung bekommt zwei fröhliche: Jamm, Jamm und ein herzliches Mahlzeit. Ich habe ihr auch eine Slideshow gewidmet.

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(1) Wie ich gerade herausgefunden habe, gibt es noch eine schmelzkäse Variante davon.
(2) Ok, die Schweiz hat keine Löcher, aber „you gotta giv’em some credit“ wie wir AmerikanerInnen so sagen.
(3) Die amerikanische Form des Keks-Wi….naja das würde jetzt zu weit gehen.

Vermischtes

Fernsehen.
Der Streik der DrehbuchautorInnen könnte bald zu Ende gehen. Gerüchte schwirren seit letzten Freitag herum. Da SchreiberInnen ziemlich langweilig ist, wenn sie nicht schreiben dürfen, machen sie Blödsinn. Zum Beispiel schreiben sie die Staffeln für andere Serien fertig.. Die Simpsons schreiben The Office, Ugly Betty schreiben Gossip Girl, The Office schreibt Friday Night Lights (eine Show, übrigens, in die ich mich verliebt habe – DAS ist Amerika), Dexter schreiben Greys Anatomy (mein Lieblingsswapover) und A Daily Show schreiben gleich 13 Shows. Alles sehr witzig.

Football.
Jetzt ist die Season also vorbei. Superbowl macht ja nicht ganz so viel Spaß, wenn man es statt von 12 bis 4 Uhr früh von 6 bis 10 Uhr abends sehen kann. Aber dafür gabs gleich zwei Superbowlparties am Campus: Kittridge, die sonst gesunde (oder zumindest fry-free) Mensa hatte 3 Großbildschrime, Chicken Wings, Hot Dogs, Nachos, Pizza und mein neue Lieblingsspeise: Chilli Dog. Man nehme ein Hotdog und pappe Chilli Con Carne darüber (das extra für diese Speise extra dick und pappig gemacht wurde). Dann wartet man drei Stunden, amüsiert sich und langweilit sich mit diversen sauteuren Werbungen und im vierten Quater geht dann endlich was weiter – in dem Moment ist aber leider das Spiel vorbei. Zu den Werbungen: Sehr zu empfehlen ist das Baby von E-trade (im dritten und vierten Quater) und der Trailer zu einem Film mit Angelina Jolie (erster Clip im zweiten Quater). Ich war nie ein Fan von CGI, aber das sieht wirklich großartig aus.

Eishockey.
Nach dem gloriosen Sieg gegen die Wooster Männermannschaft letzte Woche, bei dem ich sogar einen Assist zu einem Torschuss gemacht habe, war gestern wieder Training. Es stellt sich heraus: Verteidigung ist meine Position. Offense muss viel zu viel laufen und Menschen umnieten macht unglaublich viel Spaß (auch wenn diese Offense ziemlich wendig sind).

Super Tuesday.
Das ist heute. Huckabee hat schon einen Staat gewonnen (West Virgina). will.i.am von den Black Eyed Peas hat übrigens ein Lied aufgenommen, das von der großartigen Rede Obamas nach den New Hampshire Primaries inspiriert ist. Inspiriert im sinne von: Text genommen und musikalisch untermalt.

Publizistik.
Tatsächlich spricht Publizistik (in den USA: Communications) die selben Typen Mensch an: weiblich, dumm, überschminkt bzw. männlich, dumm, übertrainiert. Selbes Studium, selbes Publikum. Ein Ozean dazwischen. Faszinierend.

Die Stadt der Engel

Schlechte Nachricht für mich: Ich werde nie im US Fernsehen Karriere machen. Ich würde nicht aushalten, in LA zu leben.
Was für eine absurde, hässliche bebaute Fläche. Das Wort Stadt ist deshalb nicht zutreffend, weil es a) nicht nur eine Stadt ist und b) keine Merkmale einer Stadt aufweist. Kein öffentlicher Verkehr, kein Zentrum, keine Menschen auf der Straße. Dafür tausende auf den Straßen. Nicht nur zur Rush Hour ist der Verkehr in LA auf 5-10 mph beschränkt. Auf der Autobahnauffahrt gibt es Ampeln und die einzige Spur, die frei ist, ist die für Carpoolers Weil da darf man nur fahren, wenn man zu 2t oder mehr im Auto sitzt. Und das macht ja wirklich niemand.
Die Studiotouren sind alle absurd teuer. Dafür war ich in Stars Hollow und Chicago:
Und in der Nip/Tuck Klinik und im Dirt Haus von Cortney Cox und in dem des Fotografen auch. In Wysteria Lane und im Central Perk.
Venice Beach sieht genauso aus, wie man es sich vorstellt oder aus Tony Hawks kennt: Sandler, ein Open Air Fitness Center und die Rettungstürme von Malibu.
Sonst hat LA nicht so unglaublich viel zu bieten. Hollywood Boulevard ist ein Touristenmagnet. Die Sterne am Walk of Fame sind zum größten Teil unbekannt und die Fußstapfen im Beton vorm Chinese Theater…die sind eigentlich ganz nett.

Wer in LA kein Tourist ist, ist SchauspielerIn oder SängerIn. Das geht soweit, dass in meinem Hostel Menschen gelebt haben, die gerade nach LA gezogen sind, um den Durchbruch zu schaffen. Leben, wie in: in einem Sechsbettzimmer für einen Zeitraum der Urlaub überschreitet schlafen. Völlig absurd.


Von reichen Menschen, die sinnlose Gebäude in die Gegend bauen lassen, hab ich ja schon öfters erzählt. Heute: Mr. Getty, der in seiner Jugend in Italien war und sich dann als alter Mann eine römische Villa für seine Kunstschätze bauen hat lassen. Leider ist er vor der Eröffnung gestorben und hat sie nie gesehen. Außerdem hat er zu der Zeit schon in London und nicht mehr in LA gelebt. Die Villa war dann auch zu klein und deshalb hat die Stiftung ein riesiges Museum bauen lassen. Oder eher einen Museumscampus. Mit einer Monorail wird man in die Berge gefahren. Von oben, sieht das so aus (man muss ein bisschen reinzoomen):

Größere Kartenansicht

Leider hat der Mann zwar viel Geld aber kaum Geschmack gehabt, deshalb ist das Museum voller Ölgemälde aus vor 1700. Dafür ist es gratis.

Und noch eine Anmerkung in fremder Sache: Sehr euch unbedingt Juno an. SO ein guter Film.

Wo die Schoschonen schön wohnen (schau, schau)

Ich war in Amerika. Im echten Amerika. Zwei Sätze, die alles über Amerika sagen, bevor ich euch mit Bildern alleine lasse.

a) Die Fernsehwerbung des lokalen Automechanikers : „Replace your windshield now and get a box of nice Omaha Steak for FREE“

b) Der Name eines Restaurants am Weg: Roadkill 66 Cafe (1)

Achja, und bitte im Hintergrund dieses Lied zu hören, während ihr die Bilder anseht. Das ist gerade gelaufen, als ich das Radio auf XM17 Country America gestellt habe.

Die Bilder gibt’s ab jetzt auf Flickr.

Und das war die Route:

Mann, das nenn ich mal einen Web 2.0 Eintrag.

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(1) Für alle, die mit den kulinarischen Feinheiten von Redneck America nicht vertraut sind: Roadkill IST Redneck America. Der Grundgedanke: Warum sollte man ein auf der Straße angefahrenes Tier nicht mitnehmen und essen? Jap, was du auf der Straße getötet hast, ist dein. Mahlzeit!

Windy, Cold, Rainy, Snowey, Lovely City

Ob die Stadt ihren Spitznamen vom Wetter oder der windigen Politik hat, ist unklar. Ein Reisetagebuch (indem der Name der Stadt nicht weiter diskturiert wird)

Dienstag

Um 5 Uhr früh kommen wir mit dem Überlandnachtbus in Chicago an. Ich mag vielleicht nie die Kulturtechniken Essen und Schuhbänderbinden gelernt haben, aber eines kann ich: überall schlafen. Nach einer halben Folge West Wing auf meinem Video-Ipod bin ich weggeschlummert und erst in Chicago aufgewacht. Der Rest der Truppe: Marcela, Marie und Max, der Freshman, hat nicht so gut geschlafen. Dementsprechend übernehme ich das durch die Stadt lotsen. Die Jugendherberge ist sauberkeits und freundlichkeitsmäßig eher auf der Schattenseite, aber bis auf Schlafen muss man ja dort nichts machen. Duschen macht man nur, um den anderen Mitreisenden mitzuteilen, dass man eh auf seine Hygiene achtet. Tatsächlich fühlt man sich nach dem Duschen nicht unbedingt sauberer.
Nachdem eine riesige Nebeldecke über Chicago schwebt verschieben wir den Searstower auf Freitag (weather.com sagt Sonnenschein). Erster echter Stop also gegen 10:30 im Art Institute Chicago. Und jetzt folgendes Problem: Das Art Institute of Chicago ist ein Museum. Sowas mit Bildern und allem. Berühmten Gemälden und Portraits und Stilleben und das alles. Sowas, wo ich normalerweise sagen würde: Is ja ur fad. War’s aber nicht. Es hat mir gefallen. Ist das Erwachsen sein?

Wir sind eine sehr gendersensible Gruppe in einem sehr ungenderunsensiblen Laden. Der American Girls Place gefällt der Hälfte der Truppe und eben nicht den beiden Mädchen, sondern mir und Marie. Groß beworben im dreistöckigen Puppengeschäft wird vor allem die neueste Puppe: Meet 70s girl Julie Alrbight. The New Historical Character. Ich frag mich ja, wie es diversen Eltern geht, die die eigene Generation ihren Kindern als „historic“ unter den Weihnachtsbaum legen.

Mittwoch

Ich war schon ewig nicht mehr im Planetarium. Deshalb hat mir sogar der „Star of Wonder“ Film gefallen, der der Frage nachgegangen ist, was denn in jener Nacht astronomisch passiert sein könnte, in der die heiligen drei Könige dem Stern folgen. Die Antwort nach 23 Minuten stammt aus einem Drehbuch von Gallileo Mystery (Pro7): Wir wissen es nicht. Dass der gute Matthias den Stern erfunden hat ist ihnen nämlich nicht in den Sinn gekommen.

Chicago ist auch die Stadt der Stuffed Pizza. Ich weiß nicht genau, was der Grund war: Entweder die italienischen Auswanderer haben ihre alte Heimat so gehasst, dass sie nicht mal mehr leckere Pizza machen wollten oder sie haben ihre neue Heimat gehasst und haben deshalb Stuffed Pizza erfunden. Was es auch immer gewesen ist: Stuffed Pizza ist eine Mischung aus Quiche, Pie und Pizza. Seht selbst:

Nach einem Ausflug ins Hologrammuseum haben wir den Abend in der Jazzkneipe Andy’s ausklingen lassen.

Donnerstag

Diese Amis nehmen Thanksgiving ziemlich ernst. Ich sollte sagen amerikanisches Thanksgiving. Das echte Thanksgiving ist nämlich drei Wochen früher in Kanada. Behaupten zumindest KanadierInnen. So ernst, dass sogar Starbucks, McDonalds und Co. geschlossen haben. Dafür fliegen Elmo und BigBird durch die Luft, was EuropäerInnen jetzt auch kein Begriff ist, wenn sie nicht gerade die großartige Begengung zwischen Big BIrd und CJ im Kopf haben (The West Wing, Season 5, Episode 16).
Außerdem gibt es in Chicago einen German Christkindlmarket, der natürlich besucht werden muss. Ja, ich habe Milka für 3 Dollar und eine Leberkäsesemmel für 5 gekauft. Soviel muss einem der Geschmack von Heimat halt wert sein.

Freitag

Tatsächlich ist Sonnenschein und dementsprechend haben wir einiges zu tun, was wir dafür aufgehoben haben: Lincoln Park, Sears Tower, Rivercruse (die wir dann doch auslassen). Außerdem läutet Thanksgiving die Einkaufsseason ein. Niemand weiß genau, warum, aber es tun sich ca. 2 Millionen Menschen ohne jeglichen Zeitdruck (Weihnachten ist immerhin noch ein Monat weg und die Sales sind, wie schon diskutiert nur „Verkäufe“ und keine „Verbilligungen“) an, am Freitag nach Thanksgiving auf den zwei Einkaufsstraßen Chicagos einkaufen zu gehen. Sind Language Assistents schlauer, als 2 Millionen Menschen? Nein. Black Friday muss man einfach mal erlebt haben. Geschäfte öffnen übrigens gegen 5 am. Für alle, die’s nicht so mit der 12 Stunden Uhr haben: Ja, das ist 5 Uhr früh.
Abends gehen wir dann in ein Musical: A wonderful life. Die amerikanische Christmas Caroll sozusagen. Mannmannmann ist das kitschig – sogar für mich. Aber nett ist es trotzdem.

Gute Geschichten beginnen mit einer der folgenden Phrasen: I know shortcut ((c) Menzl) oder: Ich gebe das wichtige Dokument an diese Stelle, damit ich es ja nicht vergesse. Das wichtige Dokument war in unserem Fall der Code für den Bus, der uns nach Cleveland bringen sollte. Und so haben wir die letzten 2 Stunden zwischen Musical und Abfahrt damit verbracht, ein Hotel zu finden, dessen RezeptionistIn uns schnell ins Internet lässt, um das Email mit dem Code nochmal auszudrucken. Eine halbe Stunde vor der Abfahrt überlegt sich Yussi, dass er ja noch nicht in seine geheime Bauchtasche geschaut hat….

Sport in der Kleinstadt

Sport in den USA ist riesig ist so ein Stehsatz, den man schnell mal hört. Aber welche Ausmaße das annimmt, kann man nur erfahren, wenn man mal für eine Zeit in einer amerikanischen Kleinstadt gelebt hat.
Das heutige Eishockeyspiel des Junior A League Team (1) Wooster Oilers (2) war nur eine von vielen großartigen Erfahrungen in die Richtung. Natürlich wird vor so einem Spiel die Natioanlhymne gesungen (3). Nicht nur das, tatsächlich waren auch 4 Männer in Uniform da, die geehrt wurden. Tatsächlich kommen zu so einem winzigen Spiel abgesandte der Army und machen Werbung in der Pause und werden von 14jährigen Mädchen angehimmelt. Nciht nur weil „Armyweekend“ ist und daher alle Militärs und Familien freien Eintritt haben, steht auch auf dem Plakat fürs heutige Spiel „Thanks for keeping or nation free“.
Die Menschen, die zu so einem Spiel kommen, kennen grundsätzlcih die Namen von allen Spielern. Es macht das Anfeuern auch wesentlich leichter (Go, Tommy, break his neck!). Das bedeutet aber nicht, dass nur Eltern von Spielern kommen. Vor allem beim Football, und in verminderter Form auch beim Eishockey, kommt die ganze Stadt und feuert ihre Stadtkinder an und wer nicht kommen kann, kann am nächsten Tag im Sportteil des Daily Record einen ausführlichen Bericht lesen. Über das Schulturnier. Das liegt nicht nur daran, dass das ein popeliges Lokalblatt ist, das sonst nichts zu schreiben hat. Sport ist einfach riesig, in den USA.
Es wäre eine Schande hier die Nachos with Meat and Cheese nicht zu erwähnen. Dem durchschnittlichen Ami reicht es nicht, wenn er seine Nachos in Käsesauce tunken kann (4). Die Amis haben was viel besseres erfunden: sie tun auf die Nachos noch scharfes Faschiertes drauf und übergießen sie dann mit ausgiebig Käsesauce – dass eine Käsesauce als Dip auch noch zur Verfügung steht, versteht sich von selbst, schließlich könnten doch beim Käsesaucengießkannenprinzip Nachos ausgelassen worden sein. Wahlweise oder als Zusatz gibt es auch gehackte Pfefferoni drauf.

Nicht nur bekannte Sportarten, wie Eishockey sind over the top. Sogar Cross Country (5) Läufe sind ein riesiges Event, wo Nike einen Stand hinbringt und Gatorate die Getränke sponsort. Im Oktober war ich mit Maries Gastfamile bei einem Turnier. Hunderte von LäuferInnen aus unendlichvielen High Schools sind da am Malone College in Ohio zusammengekommen und sind gelaufen. Das hatte wirklich Volksfestcharakter.

Und in der Tat, jetzt wo ich das alles geschrieben habe, hat sich nur eines bestätigt. Sport in den USA ist riesig. Aber um das Ausmaß und die Atmosphäre wirklich erfassen zu können, muss man mal in einer amerikanischen Kleinstadt gelebt haben.

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(1) Ich weiß selbst nicht genau, was das wirklich heißt. Es sind so 16-20jährige, aber es ist nicht das High School Team. Ich glaube es ist die NHL für Teenys.

(2) Fragt mich nicht, warum die so heißen, aber ja, das ist eine Ölpumpe als Logo

(3) Ja, ich habe mich dabei erwischt, mitzusummen.

(4) Salsa ist – nicht dass ich dem nachweinen würde – keine Option.

(5) Menschen laufen auf einem unebenen Gelände in lächerlich kurzer Zeit 5 Kilometer – ja, sie rechnen das wirklich in Kilometern.

Thanksgiving

ist DAS Familienfest in den USA. Ist eben weniger religiös belegt als Weihnachten und damit recht massenwirksam. Tatsächlich das einzige was nicht ganz p.c. an Thanksgiving ist, ist die leichte Glorifizierung der ersten Siedler und ihr etwas verschöntes Verhältnis zu den amerikanischen UreinwohnerInnen. Zu Thanksgiving fliegen also so gut wie alle nach Hause, die meisten Menschen haben bezahlten Urlaub für 1-2 Tage, was dazu führt dass sogar das College dicht macht.
Es wäre aber nicht das Land des realexistierenden Kapitalismus, wenn das Fest nichts kommerzielles an sich hätte: Es ist Start der Weihnachtsseason und damit Start des Shopping und Sales Wahn. Tatsächlich sperren manche Geschäfte schon in den frühen Morgenstunden auf, um die wartenden Massen mit Abverkäufen zu Vergnügen. Es haben eben nur die meisten Menschen bezahlten Urlaub. Abverkäufe in den USA ist übrigens nicht das selbe, wie bei uns. Nur, weil SALE in neonfarbenen Lettern auf den Auslagenscheiben steht, heißt das nicht, dass Dinge billier sind. Sie werden halt verkauft, da. Außerdem ist Thanksgiving ein Fressfest. Bei uns am College war das schon letzten Donnerstag. Und abgesehen von den Rot-Blau-Weiß gefärbten Tacos mit Sourcream war auch alles sehr original: Truthahnfilets, Gravy, Mashed Potatoes, Stuffing, Pumpkinpie, Buttered Rolls, alles da. Und alles nicht so spektakulär (vor allem, wenn kein echter ganzer Truthahn im Spiel ist). Gravy ist einfach ein Bratensaft, Mashed Potatoes unterscheiden sich zwar in Geschmack und Textur von Erdäpfelpüree (tastächlich schafft es amerikanisches Erdäpflpüreepulver in den USA nach Zugabe von Wasser auszusehen, wie zermanschte Erdäpfel – sogar inklusive Schalenstückchen), ist aber dann doch das selbe, irgendwie. Stuffing scheinen Semmelknödel zu sein, die im Wasser zerfallen sind und Buttered Rolls sind wirklich nichts anderes als Buttersemmeln (außer vielleicht, dass im Teig Zwiebelstücke sind). Wenn man aber dieses Essen an herbstlich geschmückten Tischen zu sich nimmt, mit bunten Blättern und kleinen Porzelantruthähnen und so, dann bekommt das ganze dann doch nochmal mehr Charme. (Ich hab es sträflich vernachlässigt, hier im Blog den Herbst zu preisen. Herbst war so wunderwunderschön, manche Bäume waren nicht nur so rot wie dieser hier, der direkt vor meinem Fenster steht, sondern waren zum Teil Apfelfarben: Teilweise noch grün mit gelben und roten Tupfern.)
Und morgen, Montag, Mitternacht gehts nach Chicago, wo meine französische und spanische Language Assistenkolleginnen und ich bis Freitag bleiben, um dann über Nacht wieder nach Cleveland zurück zu fahren und am Samstag noch ein verspätetes Thanksgivingdinner mit der Gastfamilie von Marie-Charlotte zu haben. Das ist dann übrigens ihr drittes – Thanksgiving ist ein Familienfest und das heißt auch , dass man manchmal Thanksgiving öfter feiern kann/muss.

The Big Easy

Let the good times roll. Das war das Motto von New Orleans vor Katrina. Seit ich zurück bin, bin ich natürlich ständig gefragt worden, wie es war und ich konnte es nie so richtig zufriedenstellend beschreiben. Schaurig schön war bisher die beste Adjektivkette (nein, das ist keine offizielle grammatische Kathegorie), die mir eingefallen ist. Der Reihe nach:

Am Freitag wurde ich von einem supernetten Couchsurfer vom Flughafen abgeholt und über die Nobelstraße St. Charles in die Stadt gebracht. Das Wetter war yussifreundlich: warm, aber nicht schwül (eine seltene Kombination in NOLA) und sollte auch so bleiben. Meinen ersten Nachmittag hab ich mit Beignets gestartet, eine krapfenähnliche Ausrede, möglichst viel puren Staubzucker zu sich zu nehmen. Dass New Orleans französischen Stolz hat, bekommt man sofort zu spüren: French Quater, Cafe du Monde, French Market, eine gülderne Jean d’Arc trohnt gehissten Flaggen von Louisianna, den USA und Frankreich, überall Fleur de lis in unterschiedlichen Varianten. Im French Quater kann man sich unbesorgt bewegen, versichert mit mein neuer Couchsurfingfreund und so wandere ich herum. Das French Quater ist das älteste Viertel von New Orleans. Die Franzosen, garnichtblöd, haben das einzig besiedelbare Land besiedelt. Das FQ ist die einzige Stelle New Orleans über dem Meeresspiegel und deshalb unzerstört. Überall sind wunderschöne Balkone, mit Pflanzen und Halloweenschmuck behangen. Während ich im Mardi Gras Museum meine Runden drehe, beginnt draußen eine Brasband zu spielen, die Schatten werden länger.

Tourismus

Neben den wunderbaren Balkonen fällt im Quater noch etwas auf: Menschen laufen mit Bier rum. Open Container sind normalerweise in den USA nicht erlaubt und dementsprechend erklärt sich, warum New Orleans bei dem Amis so beliebt ist: Hier dürfen sie mit Alkohol in der Gegend rumlaufen. Wie aufregend. Das erklärt auch die Burbon Street, eine erwachsene Version des Bermuda Dreieck. Man lernt: Was in Europa für Einheimische Deutsche Touristen sind, ist in den USA für Einheimische inneramerikanischer Tourismus. (Meine Argentinische Kollegin sagt übrigens, dass es in Südamerika kein verschrienes Touristenland gibt – wir gehen dementsprechen davon aus, dass Argentinien das Land ist, aus dem die mühsamen Touristen kommen)

Katrina

Am Abend treffe ich mich mit meiner Couchsurferin für die nächsten 2 Tage. Sie ist seit 5 Jahren hier. Nicht nur heißt sie Katrina, sie hat auch einen Tag nach Katrina (Sturm) Geburtstag. Von ihr lerne ich, was eine New Orleanserin ausmacht: Eine persönliche Katrinageschichte und mindestens einen Raubüberfall (passiv) und die Bekanntschaft mit einem Mordopfer.
Ihre Katrinageschichte: Sie ist in letzter Sekude evakuiert. Ihre Katze hat sie auf die schnelle nicht finden können und hat sie dagelassen (Daran erinnert heute noch der ausgebleichte in Rot gesprayte „Cat retrieved“ Schriftzug an ihrer Eingangstür). Zurückgekommen ist sie früher als erlaubt, etwa ein Monat nach dem Sturm. Ihr damaliger Freund hat für die Stadt gearbeitet. In ihrem Viertel gab es keinen Strom, kein Wasser, keine Menschen und Ausgangssperre. Sie sind jeden Tag aufgestanden, er in die Arbeit, sie ins Quater gegangen, wo zwei Bars offen hatten, die ob ihres unerklärlichen Internetanschlusses, mit allen JournalistInnen dieser Welt gefüllt war. 16+ Stunden später sind sie in der Dunkelheit nach Hause gewandert.
Ich bin ihn gegangen: Selbst mit Straßenbeleuchtung ist der Weg vom Quater zu ihr entrisch (In New Orleans geht man grundsätzlich in der Mitte der Straße – besser von einem Auto angehupt zu werden, als zwischen Autos überfallen zu werden oder in einen Hauszwischenraum/garten/hinterhof gezerrt zu werden). Ihre Gegend ist trotzdem – oder eben gerade weil sie so abgefakt ist – charmant. Das meine ich mit schaudrig schön. Es ist doch eine Community. Im Umkreis von ein Paar Blocks kennt man sich, es gibt ein Cafe in der Gegend, das die Nachbarschaft in der Früh und am Wochenende versammelt. Die Shotgunhäuser sind vom Sturm demoliert, Femakreuze verraten noch auf vielen Häusern, ob und wieviele Leichen gefunden wurden (die unterste Zahl im Kreuz), Eingebrochen wurde bei jedem schon. Und trotzdem: Es ist reizvoll. Wenn übrigens Wohnwägen vor dem Haus stehen, dann sind das FEMA Trailer und die Menschen wohnen da schon zwei Jahre, während sie versuchen ihr Haus wieder bewohnbar zu machen.
Die Katrinageschichte eines Freundes von ihr: Er und seine Punkfreunde sind zu seinen Eltern aufs Land gefahren und haben zwei Monate lang einen auf Kommune gemacht. Seitdem mag seine Mutter Punks und bekocht sie einmal im Jahr auf einem Privatfestival.

Nord Neworleans

Den Samstag beginne ich mit Breakdancern auf der Straße und einem Po-Boy zum Brunch. Das Museum über Louisianna lehrt mir nicht nur alles über den Verkauf von LO, sondern auch über Sklaverei (recht früh abgeschafft), Französische und Spanische Besatzung. A pros pros Besatzung: In New Orleans zieht noch immer die Nationalgarde ihre Runden. Die New Orleaner, die wahlweise behaupten, die europäischte Stadt der USA (das hab ich ja wirklich noch von jeder Stadt gehört, in der ich war) oder die nördlichste karibische Stadt zu sein, sprechen daher von der Besatzung durch die USA.
Nachdem ich am Sonntag das D Day Museum besucht habe und am Mississippi Dampfer gefahren bin, erfahre ich eindruckvoll den nicht funktionierenden öffentlichen Verkehr von New Orleans: Ich ware 45 Minuten auf die Straßenbahn, um dann entnervt zu versuchen, ein Taxi zu bekommen, was sich schwerer herausstellt, als es scheint: Nachdem Taxis so oft ausgeraubt werden, nehmen sie keine Passagiere von der Straße. Das Taxi bringt mich zum City Park, wo mich Edith abholt, die mich nicht nur die nächsten beiden Nächte bei sich schlafen lässt, sondern mich gleich mit einer Grillerei empfangen hat und mich die nächsten beiden Tage mit hervorragendem, selbstgemachten Essen beglückt hat (Danke für die Gastfreundschaft nochmal und Credits auch an Meinhard für die Lasagne 🙂

Sie wohnt gleich neben der Uni, die Uni ist gleich neben dem See und demensprechend schaut die Gegend auch noch immer aus: Eine suburbane, baumlose Gegend, mit Müllhaufen auf der Straße und zerstörten Häusern überall. Wie hoch das Wasser gestanden ist, zeigt noch immer das Fliegengitter vor Ediths Eingangstür.
Montag ist fast alles geschlossen. Die Friedhöfe nicht, aber auf die darf man alleine nicht gehen, weil man sonst erschossen wird. (Spart wahrscheinlich Transportkosten). Deshalb bleibe ich nicht lange auf dem kleinen Friedhof, obwohl er als sicher gilt und eine Gruppe von Gärtnern immer in Blickweite war. Die reiche Straße, über die ich am Freitag nach NOLA gekommen bin, wandere ich am Nachmittag entlang. Selbst hier sind noch nicht alle Sturmschäden repariert. Die anarchischen Zustände beim öffentlichen Verkehr haben nicht nur Nachteile (am Weg zurück Autostoppe ich einen Bus) glaube ich so lange, bis ich 30 Minuten auf einen Anschlussbus warte.

Fun Fact

Disclaimer für nachfolgenden Absatz: Nein, Eva Stiegler, du kannst nicht stolz darauf sein, dass ich dieses Werk erwähne. Nein, es ist nichts was du mir fürs Leben beigebracht hast, ich weiß nicht mal mehr, worum es in diesem Buch geht.
FunFact zu New Orleans: Tennessee Williams hat „Streetcar named Desire“ in New Orleans geschrieben und tatsächlich existierte mal ein Streetcar, das die Desire Str. entlang gefahren ist. Nur, dass die Straße dem Vernehmen nach nicht nach der Sehnsucht, sondern vielmehr nach Napoleons Geliebter Desiree benannt ist.

Musik

Und die Musik? Die Musik ist ein bisschen leiser geworden in New Orleans – oder ich hab sie nicht ganz so bermerkt. Zwar spielen auf der Straße unvermittelt Brassbands und in den Bars Frenchmenstreet (da sind sie wieder die Franzosen) sind jeden Tag Livegigs, aber als Jazzstadt hab ich New Orleans nicht so 100% erlebt. Auch wenn das Conventioncenter den Ruf aufrecht erhalten will: Soul is waterproof.