Mount Vernon

Es gibt zwei Orte in den USA, in denen AmerikanerInnen noch ein bisschen stolzer auf ihr Country sind: Washington und Philadelphia. Wegen der großartigen Geschichte, die von Freedom und Heldentum erzählt. Einer dieser Helden war George Washington, der nicht nur brilliant statesman, but – and many of you might not know that – he saw himself as a farmer. Dieser erste Bauer des Landes hatte ein Landgut (das stolze 20 qkm groß ist), das noch heute von jung und alt besucht wird weil es the great story of the great George Washington erzählt. Der aufwändig produzierte Einführungsfilm erzählt die Geschichte von George in bewegten Bildern. Im French and Indian War kämpft er heroisch gegen die gollumartigen dunklen Wilden, die hinterhältig aus dem Wald angreifen, im Landsitz seines Freundes kämpft er heroisch um das Herz der Wittwe.

Zentrum der Farm ist dann das Landhaus, durch das man sich durchstauen kann. Die Attraktion in diesem Landhaus sind die menschlichen Sprechpuppen. Diese alten Menschen, die der kommunistische Nazi-Moslem Obama euthanasieren will (glaubt man den diversen Brüllaffen auf diversen Town Hall Meetings), stehen im Haus rum und dienen als Guide. Das beeindruckende an ihnen ist allerdings nicht, dass sie sich nicht erschießen, wenn sie alle 4 Minuten ihr 3 Minuten Satzl aufsagen müssen, sondern dass sie die dazwischen von Amitouris gestellten Fragen im selben Tonfall und ohne danach den Fadenverloren zu haben beantworten können.

Bei der Gruft von Washington stehen viele Menschen rum. Teile sind abgesperrt, weiter vorne wuselt eine kleine Frau rum. Plötzlich spricht sie: I ask you in the beginning (wovon?!) for the die pledge of allegiance. Dann geht alles sehr schnell: Die 100 Menschen, die vor einer Sekunde noch irgendwie rumgestanden sind, drehen sich Richtung Grab, nehmen ihre Kopfbedeckung ab und sagen: „I pledge allegiance to the Flag of the United States of America, and to the Republic for which it stands, one Nation under God, indivisible, with liberty and justice for all.“

Dann liest ein Kind ein Gebet vor und trägt mit einer Frau einen Kranz in die Gruft. Ich bin in das Begräbnis von Washington geraten, das täglich zweimal stattfindet. Am Ende dürfen „die Angehörigen“ (ich vermute es sind nicht die von Washington, sondern die der performer) noch Fotos vor dem Grab machen.

Zum Abschluss des Besuchs darf natürlich ein Museum nicht fehlen. Im ersten Raum wird stolz vom Experiment des Museums berichtet, das Gesicht von Washington zu rekonstruieren. Anstatt auf der 1$ Note nachzusehen hat man Computer verwendet. Die DNA-Simulation-Rekonstruktions-Software vom neuesten Stand hat schließlich das Ergebnis gebracht, dass er eh so aussieht, wie auf den Bildern. Am Ende des Tages lerne ich noch, dass Washington King hätte sein können, but he gave his power to his people. That’s why we have the privilege to elect our president und mit einem Portrait von Washington belorberkranzt entlässt mich das Museum.

PS: Zum Abschluss ein FunFact: Per Gesetz wird Washingtons Farewell Address an seinem Geburtstag ins Protokoll des Senats gelesen.

Oh Canada, Our native home and land

Ich war ja fast versucht zu glauben, Kanada sei normal. Tatsächlich begrüßen mich Kilometerangaben auf der Autobahn. Diesen Gedanken hab ich aber schnell wieder revidiert, als ich bemerkt hab, dass ich auf dem Queen Elisabeth Highway unterwegs bin. Metrisches System gegen konstitutionelle Monarchie – das nenn ich Brutalität.
In Toronto angekommen fällt vor allem eines auf: Es ist in den 80ern stecken geblieben. Skater und Rollerblader überall, Friedliches Zusammenleben in einer MultiKulturellen Geselschaft (1) und im Royal Ontario Museum ist gerade eine brandneue Austellung eröffnet worden: Dinosaurier.
In Toronto gibt es genug für drei Tage zu sehen: Der CN Tower, ein überdimensionaler und -teuerter Donauturm, die Hockey Hall of Fame, die leider nicht mehr ist, als eine Ansammlung von Jerseys, Sticks und Pucks (2), das ROM mit Dinos und Darwin, das sonst dem Naturhistorischen Museum nichts nachsteht und dann gibts noch PATH. Die größte (Untergrund)Einkaufshalle der Welt. Unter jedem Hochhaus im gesamten Financialdistrict gibt es eine Halle mit Geschäften und/oder riesigen Lunch-Hallen, die miteinander verbunden sind. Wenn es also regnet kann man sich Kilometer der Stadt unterirdisch und überdacht zurücklegen (wenn man sich auskennt. Ich hab mich nicht getraut, weil ich mich sicher verlaufen hätte).
Sehenswert ist außerdem noch die Uni, die auch verrät, dass Canada britisch ist. Die BritInnen nennen ihre Studiheime nämlich College und auch wenn Carina mit das schon duzende Male erklärt hat, versteh ich noch immer nicht genau, was das britische College Konzept ist.

Was sonst noch über Kanada zu sagen ist: Zwar gibt es eine Separatistenbewegung in Quebec, aber anders als jede andere Seperatistenbewegung weltweit haben die nichtmal eine gscheite Terrororganisation. Marie, meine frankokanadische Kollegin besteht darauf, dass es eine gibt, die aber nicht besonders aktiv ist. Good for you, wie der Amerikaner sagt.

Übrigens ist dies mein 100ster Blogeintrag!

(1) Das tut den 80ern vielleicht ein bisschen unrecht
(2) Böse Zungen mögen behaupten, dass Hockey nicht mehr zu bieten hat. Dem kann ich nur erwiedern….äh….

Cincinnati – nuff said

Man braucht eigentlich nur wenige Worte, um Cincinnati ausreichend zu erklären:
1. Jerry Springer war hier mal Bürgermeister.
2. Hofbräuhaus Newport. It’s wunderbar.

Vielleicht zu zweiterem etwas mehr. Newport ist ein defacto Stadteil von Cincinnati auf der anderen Seite des Flusses und damit eigentlich in Kentucky. Hier steht das erste von vielen US-Filialen des Hofbräuhauses. Ich kann nur versuchen zu beschreiben, was meine Augen da gestern gesehen haben. Im Hofbräuhaus Newport treffen zwei Kulturen aufeinander, die schon einzeln nüchtern mäßig und besoffen garnicht auszuhalten sind. Hier treffen die deutsche Saufkultur mit der amerikanischen Saufkultur zusammen und das ist nicht schön anzusehen. Übergewichtige Menschen jedes Alters und Geschlechts tanzen komatös auf den Tischen und Bänken. Vorne spielen in Lederhosen und Dirndln gepferchte AmerikanerInnen ein buntes Potpourri aus „Zipfe eini, Zipfe aussi“ Musik und amerikanischen Hadern. Hie und da verunstalten sie auch Otis Day/Isley Brothers „Shout“. In den Gängen wirbeln besoffene Männer besoffene Frauen rum, begießen sie mit Bier und paartanzen unrhytmisch, immer mit einem Mass in der ausgestreckten Linken, das, nachdem es sich über das umstehende Volk entleert hat, wie ein Vorschlaghammer haarscharf an rausstehenden Körperteilen der Gaffer und Klatscher vorbeischnellt.

Sonst ist Cincinnati ähnlich wie Cleveland das Paradebeispiel einer amerikanischen Stadt, die mächtig in die Hose gegangen ist: Uptown ist Uni, Downtown ist Getto.

Santa Claus is coming to town

Dieser Eintrag könnte auch folgende Überschriften tragen:
– Santa Claus is gunning you down
– Get a job
– Junge Christen unterwegs
– 24 Stunden in DC
– Who is that anyways?
– I love Poo

Der Papst war in Washington und ich auch. Dementsprechend konnte ich wieder etwas von meiner ToDo Liste abhaken: Den Papst sehen. Um das zu tun, musste ich noch eine Kleinigkeit erledigen: „Den Papst sehen“ auf meine ToDo Liste schreiben. Praktischerweise musste ich von westlich des Weißen Hauses nach östlich zur selben Zeit wie der Papst. Der hatte Vorrang und ich war gezwungen, einen riesigen Umweg zu machen oder zu warten bis der Papst vorbei gezogen ist. Mit diesen beiden Optionen hab ich mich der Konvention unterworfen und hab gewartet. Meine Zeit hab ich mir damit vertrieben, mir lustige Dinge zu überlegen, die ich Menschen fragen könnte. Die Christenfamilie neben mir hab ich in meiner Fantasie gefragt, wer dieser Kerl ist, den sie da auf ihren T-Shirts abgebildet hat. In meiner Fantasie hatte dann aber die Mutter einen Herzinfarkt und dann hab ich das doch sein lassen.
Den tanzenden, trommelnden, klatschenden, den Gehsteig komplett besetzenden Jungchristen wollte ich zuschreien: Get a job. Hab ich natürlich auch nicht gemacht. Aber ich freu mich schon darauf, 80 zu sein und sowas tatsächlich machen zu können.
Im Allgemeinen waren erstaunlich wenige Menschen da. Bei der St. Patriks Day Parade in Memphis stand ich weiter von der Absperrung weg, als beim Papst. Zugegeben, Pensilvania Avenue ist etwas länger und breiter als Bourbon Street Memphis, aber inhaltlich sind die beiden Festivitäten ja durchaus zu vergleichen: Beides katholisch, beides hat keinen amerikanischen Ursprung, bei beidem bekommt man Gratiszeug (ok, die Zeitschrift mit der „Back to Basic“ Headline und den 10 Geboten am Cover ist nicht ganz mir den grünen Plastikketten vergleichbar).
Die Menschen, die da waren, lassen sich recht leicht in Kathegorien einteilen: Latinos, Junge ChristInnen (1), Alte ChristInnen (2) und Männer in schwarz, die deine Kinder unsittlich berühren.
Hale-Hale-Hale-Haleluja

(1) Junge ChristInnen ist mehr, als jung und christlich. Junge Christen treten in Scharen auf, mindestens eine Gitarre dabei, singen und sind von Hippiekollektiven nur inhaltlich, weniger optisch zu unterscheiden). Siehe auch: Funny Van Dannen – Junge Christen Unterwegs
(2) die sind wirklich vor allem alt und christlich. Konservativ versteht sich von selbst. Könnten auch in der Josefstadt wohnen.

Vermischtes 3

Am Dienstag fliege ich nach Washington, D.C. zu einer Podiumsdiskussion zum Thema Europäische Freiwillige in US Wahlkampagnen. Ich diskutiere mit 10 anderen EuropäerInnen. Organisiert wird das ganze von der Bertelsmann-Stiftung.

Am Wochenende fahre ich dann nach Cincinnati zu Martina, einer lieben Fulbright Kollegin. Diese Amis sind schon manchmal witzig. Ich hatte das Angebot, mit einer Studentin zu fahren, aber sie würde mich auf einer Autobahnstation rauslassen, weil Cincinnati so einbahnig ist. Es sind zwar Autobahnstationen näher bei der Stadt als bei uns, aber trotzdem gibt es da keine FußgängerInnenabgänge in die Stadt.

Unser Literaturmagazin ist fertig und wunderschön. Für eine meiner Lieblingsseiten haben wir eine Zeichnung von Clemens verwendet, der gerade der total angesagte Zeichner für diverse Magazine ist. Gratuliere nochmal!

Heute war ich bei einem Hight School Musical. Bye, Bye, Birdie in der Dayton High School. Wow, diese High School war wie im Film: Handgemalte Poster überall, ein riesiges Auditorium, eine Vitrine mit allen Sportauszeichnungen, Spinde, High School Kids…

Übrigens: Wenn ihr weiterhin großartige Geschichten von Ausgereisten lesen wollt, solltet ihr diesen Blog abonieren. Ja, man kann Blogs abonieren. Dazu sind sie da.

You ain’t nothing but a Greyhound.

Richtig: In diesem Beitrag geht es um einen Ausflug mit dem Bus zur Stadt des Kings.

„At this station, people boarded the bus to follow a dream or came home from a long journey. Memories are made everyday.“ Das steht auf der Plakette an der Station, bei der wir einen kurzen Zwischenstopp machen. Tatsächlich fühlt man sich hier ziemlich Walk the Line. Eine staubige Landstraße, ein verlassenes Dorf, eine 50er Jahre Busstation. Ein junger Mann mit seiner Gitarre und 10 Dollar in der Tasche steigt ein, um in Memphis Karriere zu machen.
Zumindest vor meinem geistigen Auge. Weil in Echt sind die Gestalten, die mit mir im Bus fahren nicht so romantisch. Drei Gruppen von Menschen reisen mit Greyhound: White Trash, Afro AmerikanerInnen, Hispanics. Zwar haben jeweils zwei der Gruppen etwas gemeinsam (WT-AA: Waren schon immer da, AA-H: Sind die verhassten Minderheiten, WT-H: Sind religiöse Fanatiker), verstehen tun sie sich aber trotzdem nicht.
Am gruseligsten ist der White Trash: Ein Mann mit zerwuselten Haaren, die ihm an verschiendenen zufälligen Stellen des Kopfes ausfallen. Starrer Blick. Dürr. Der perfekte Typecast für einen Serienmörder.
Zwei Reihen hinter ihm sitzt das übergewichtige Päarchen. Mit übergewichtig meine ich: Ihr hängt das Fett bis zu den Knien, appetitlich geteilt durch die Naht der Jogginghose, so dass der Bauch wie ein riesiger Hintern aussieht – außer wenn sie sich bewegt
Der einzige vernünftig aussehende Weiße mit mir im Bus ist der Punk. Er trägt die Punkeruniform (zerschnittenes Ramonesshirt, enge karrierte Hose, Ketten, Armbänder) und zur Not – falls Menschen seine Gruppenzugehörigkeit noch immer nicht erkennen, hat er die Buchstaben P-U-N-K mit einem Marker auf seine Fingerknöchel geschrieben.

Memphis selbst ist kein so großes Erlebnis. Eine typische amerikanische Südstadt: Kein öffentlicher Verkehr, eine Mini-Innenstadt und touristisch kann man sich nicht länger als 2 Tage aufhalten. Die Höhepunkte: Graceland, das Heim von Elvis und das National Civic Rights Museum, das in dem ehemaligen Motel untergebracht ist, in dem Martin Luther King erschossen wurde.

Graceland ist ein Spaß. Ein weiterer Beweis dafür, wie geschmacklos die 70er waren. Der geschmackvoll eingerichtete Raum links ist das so genannte Jungle Zimmer, in meinen Augen ein Prachtstück. Was man auf diesem Foto nicht sehen kann ist, dass die Decke genauso aussieht, wie der Boden.

Über das National Civil Rights Museum lässt sich nicht viel sagen. Wie alle Museen, die ich bisher gesehen habe, hervorragend aufgebaut und sie erklären Dinge kurz knackig aber gehaltvoll. A pros pros didaktisch gut aufbereitete Museen. Die Monet to Dali Ausstellung in Nashville hatte einen Raum „Kunst für Dummies“ anhand von vier Kunstwerken wurde einem da Kunstwerkinterpretation (dafür gibts sicher ein klügeres Wort) nähergebracht. Sogar ich habs verstanden!

Praktischerweise hab ich für all das meine Digicam vergessen und musste daher auf eine Wegwerfkamera zurückgreifen. Gute, alte Papierfotos werden also im persönlichen Gespräch nachgeliefert.

Vermischtes 2

Politik
Obama ist ja gerade vorne. Oder fast. Oder doch nicht? Wer’s ganz genau wissen will, dem sei mit diesem Link geholfen. Oder auch nicht. Stellt sich heraus: Eigentlich weiß niemand so genau, wer wieviele Delegierte hat. Oder alle wissens.
Im besonderen möchte ich übrigens auf die Bären hinweisen, die rechts neben der Tabelle zu finden sind: „Why Mommy and Daddy are Democrats. The children’s book for Democrats who care about the future.“ Folgt man dem Link, bekommt man sogar Beispielbilder geliefert, die nicht nur einen ästhetischen Vorgeschmack geben, sondern auch die Geschlechtssensibilität des Werks illustrieren (links)
Auf jeden Fall ist diese Tabelle einen Blick wert. So sieht nämlic (h Demokratie aus im Land, das die Demokratie nicht nur erfunden hat, sondern auch in die Welt trägt.

Militär
A pros pros in die Welt tragen. Ich kenne mittlerweile drei Menschen, die nächstes Jahr ins Militär gehen. Einer wenigstens auf akademischem Weg (Westpoint), der andere dropt einfach aus dem College nach 2 Jahren. „Ich find das gut. Deine Nation verteidigen und so“ sagte daraufhin der Student, der auch regelmäßig auf Sozi Treffen geht. Zur Verteidigung unserer GenossInnen des WDS muss man sagen: Er ist ein klassischer Verschwörungssozialist.

Sozis in New York
Schon wieder ein Segway: Nächstes Wochenende bin ich auf der Winter Conference der Young Democratic Socialists in New York. Und das tolle ist: Wir fahren mit dem Auto! Das heißt mein Wunsch, einmal einen Roadtrip von Ohio nach New York zu machen geht in Erfüllung.

In anderen News:
Die 80er erleben ein Comeback mit den beiden Highlights, kann man sagen: American Gladiators sind seit Anfang Jänner wieder auf NBC zu sehen. Moderiert wird die Chose von Hulk Hogan und der Tocher von Muhammed Ali. Alle Klassiker sind zurück: The Pyramid, The Gauntlet, Powerball und Joust. Und die Gladiators sind mighty wie immer: Justice, Syren, Wolf und meine Lieblingsgladiatorin: Hellga (Der vermeintliche Rechtscheibfehler ist keiner). Hier rechts im Bild. (1)
Das zweite große Comeback feiert Knight Rider. Say oh yeah (oh yeah). Wusstet ihr übrigens, dass ein Vorurteil, das AmerikanerInnen gegenüber Deutschen haben ist, dass David Hasselhoff in Deutschland größer und beliebter ist, als in den USA. Ich kann dazu nur sagen: Der Mann hat uns Knight Rider und Baywatch gebracht. Hell(ga) yeah, ist der groß! In diesem Sinne: Hello Mike!

(1) Anm.: Ich möchte nicht, dass dieses Outing später gegen mich verwendet wird, um diverse Gerüchte zu untermauern, BETTINA

Wo die Schoschonen schön wohnen (schau, schau)

Ich war in Amerika. Im echten Amerika. Zwei Sätze, die alles über Amerika sagen, bevor ich euch mit Bildern alleine lasse.

a) Die Fernsehwerbung des lokalen Automechanikers : „Replace your windshield now and get a box of nice Omaha Steak for FREE“

b) Der Name eines Restaurants am Weg: Roadkill 66 Cafe (1)

Achja, und bitte im Hintergrund dieses Lied zu hören, während ihr die Bilder anseht. Das ist gerade gelaufen, als ich das Radio auf XM17 Country America gestellt habe.

Die Bilder gibt’s ab jetzt auf Flickr.

Und das war die Route:

Mann, das nenn ich mal einen Web 2.0 Eintrag.

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(1) Für alle, die mit den kulinarischen Feinheiten von Redneck America nicht vertraut sind: Roadkill IST Redneck America. Der Grundgedanke: Warum sollte man ein auf der Straße angefahrenes Tier nicht mitnehmen und essen? Jap, was du auf der Straße getötet hast, ist dein. Mahlzeit!

Windy, Cold, Rainy, Snowey, Lovely City

Ob die Stadt ihren Spitznamen vom Wetter oder der windigen Politik hat, ist unklar. Ein Reisetagebuch (indem der Name der Stadt nicht weiter diskturiert wird)

Dienstag

Um 5 Uhr früh kommen wir mit dem Überlandnachtbus in Chicago an. Ich mag vielleicht nie die Kulturtechniken Essen und Schuhbänderbinden gelernt haben, aber eines kann ich: überall schlafen. Nach einer halben Folge West Wing auf meinem Video-Ipod bin ich weggeschlummert und erst in Chicago aufgewacht. Der Rest der Truppe: Marcela, Marie und Max, der Freshman, hat nicht so gut geschlafen. Dementsprechend übernehme ich das durch die Stadt lotsen. Die Jugendherberge ist sauberkeits und freundlichkeitsmäßig eher auf der Schattenseite, aber bis auf Schlafen muss man ja dort nichts machen. Duschen macht man nur, um den anderen Mitreisenden mitzuteilen, dass man eh auf seine Hygiene achtet. Tatsächlich fühlt man sich nach dem Duschen nicht unbedingt sauberer.
Nachdem eine riesige Nebeldecke über Chicago schwebt verschieben wir den Searstower auf Freitag (weather.com sagt Sonnenschein). Erster echter Stop also gegen 10:30 im Art Institute Chicago. Und jetzt folgendes Problem: Das Art Institute of Chicago ist ein Museum. Sowas mit Bildern und allem. Berühmten Gemälden und Portraits und Stilleben und das alles. Sowas, wo ich normalerweise sagen würde: Is ja ur fad. War’s aber nicht. Es hat mir gefallen. Ist das Erwachsen sein?

Wir sind eine sehr gendersensible Gruppe in einem sehr ungenderunsensiblen Laden. Der American Girls Place gefällt der Hälfte der Truppe und eben nicht den beiden Mädchen, sondern mir und Marie. Groß beworben im dreistöckigen Puppengeschäft wird vor allem die neueste Puppe: Meet 70s girl Julie Alrbight. The New Historical Character. Ich frag mich ja, wie es diversen Eltern geht, die die eigene Generation ihren Kindern als „historic“ unter den Weihnachtsbaum legen.

Mittwoch

Ich war schon ewig nicht mehr im Planetarium. Deshalb hat mir sogar der „Star of Wonder“ Film gefallen, der der Frage nachgegangen ist, was denn in jener Nacht astronomisch passiert sein könnte, in der die heiligen drei Könige dem Stern folgen. Die Antwort nach 23 Minuten stammt aus einem Drehbuch von Gallileo Mystery (Pro7): Wir wissen es nicht. Dass der gute Matthias den Stern erfunden hat ist ihnen nämlich nicht in den Sinn gekommen.

Chicago ist auch die Stadt der Stuffed Pizza. Ich weiß nicht genau, was der Grund war: Entweder die italienischen Auswanderer haben ihre alte Heimat so gehasst, dass sie nicht mal mehr leckere Pizza machen wollten oder sie haben ihre neue Heimat gehasst und haben deshalb Stuffed Pizza erfunden. Was es auch immer gewesen ist: Stuffed Pizza ist eine Mischung aus Quiche, Pie und Pizza. Seht selbst:

Nach einem Ausflug ins Hologrammuseum haben wir den Abend in der Jazzkneipe Andy’s ausklingen lassen.

Donnerstag

Diese Amis nehmen Thanksgiving ziemlich ernst. Ich sollte sagen amerikanisches Thanksgiving. Das echte Thanksgiving ist nämlich drei Wochen früher in Kanada. Behaupten zumindest KanadierInnen. So ernst, dass sogar Starbucks, McDonalds und Co. geschlossen haben. Dafür fliegen Elmo und BigBird durch die Luft, was EuropäerInnen jetzt auch kein Begriff ist, wenn sie nicht gerade die großartige Begengung zwischen Big BIrd und CJ im Kopf haben (The West Wing, Season 5, Episode 16).
Außerdem gibt es in Chicago einen German Christkindlmarket, der natürlich besucht werden muss. Ja, ich habe Milka für 3 Dollar und eine Leberkäsesemmel für 5 gekauft. Soviel muss einem der Geschmack von Heimat halt wert sein.

Freitag

Tatsächlich ist Sonnenschein und dementsprechend haben wir einiges zu tun, was wir dafür aufgehoben haben: Lincoln Park, Sears Tower, Rivercruse (die wir dann doch auslassen). Außerdem läutet Thanksgiving die Einkaufsseason ein. Niemand weiß genau, warum, aber es tun sich ca. 2 Millionen Menschen ohne jeglichen Zeitdruck (Weihnachten ist immerhin noch ein Monat weg und die Sales sind, wie schon diskutiert nur „Verkäufe“ und keine „Verbilligungen“) an, am Freitag nach Thanksgiving auf den zwei Einkaufsstraßen Chicagos einkaufen zu gehen. Sind Language Assistents schlauer, als 2 Millionen Menschen? Nein. Black Friday muss man einfach mal erlebt haben. Geschäfte öffnen übrigens gegen 5 am. Für alle, die’s nicht so mit der 12 Stunden Uhr haben: Ja, das ist 5 Uhr früh.
Abends gehen wir dann in ein Musical: A wonderful life. Die amerikanische Christmas Caroll sozusagen. Mannmannmann ist das kitschig – sogar für mich. Aber nett ist es trotzdem.

Gute Geschichten beginnen mit einer der folgenden Phrasen: I know shortcut ((c) Menzl) oder: Ich gebe das wichtige Dokument an diese Stelle, damit ich es ja nicht vergesse. Das wichtige Dokument war in unserem Fall der Code für den Bus, der uns nach Cleveland bringen sollte. Und so haben wir die letzten 2 Stunden zwischen Musical und Abfahrt damit verbracht, ein Hotel zu finden, dessen RezeptionistIn uns schnell ins Internet lässt, um das Email mit dem Code nochmal auszudrucken. Eine halbe Stunde vor der Abfahrt überlegt sich Yussi, dass er ja noch nicht in seine geheime Bauchtasche geschaut hat….

The Big Easy

Let the good times roll. Das war das Motto von New Orleans vor Katrina. Seit ich zurück bin, bin ich natürlich ständig gefragt worden, wie es war und ich konnte es nie so richtig zufriedenstellend beschreiben. Schaurig schön war bisher die beste Adjektivkette (nein, das ist keine offizielle grammatische Kathegorie), die mir eingefallen ist. Der Reihe nach:

Am Freitag wurde ich von einem supernetten Couchsurfer vom Flughafen abgeholt und über die Nobelstraße St. Charles in die Stadt gebracht. Das Wetter war yussifreundlich: warm, aber nicht schwül (eine seltene Kombination in NOLA) und sollte auch so bleiben. Meinen ersten Nachmittag hab ich mit Beignets gestartet, eine krapfenähnliche Ausrede, möglichst viel puren Staubzucker zu sich zu nehmen. Dass New Orleans französischen Stolz hat, bekommt man sofort zu spüren: French Quater, Cafe du Monde, French Market, eine gülderne Jean d’Arc trohnt gehissten Flaggen von Louisianna, den USA und Frankreich, überall Fleur de lis in unterschiedlichen Varianten. Im French Quater kann man sich unbesorgt bewegen, versichert mit mein neuer Couchsurfingfreund und so wandere ich herum. Das French Quater ist das älteste Viertel von New Orleans. Die Franzosen, garnichtblöd, haben das einzig besiedelbare Land besiedelt. Das FQ ist die einzige Stelle New Orleans über dem Meeresspiegel und deshalb unzerstört. Überall sind wunderschöne Balkone, mit Pflanzen und Halloweenschmuck behangen. Während ich im Mardi Gras Museum meine Runden drehe, beginnt draußen eine Brasband zu spielen, die Schatten werden länger.

Tourismus

Neben den wunderbaren Balkonen fällt im Quater noch etwas auf: Menschen laufen mit Bier rum. Open Container sind normalerweise in den USA nicht erlaubt und dementsprechend erklärt sich, warum New Orleans bei dem Amis so beliebt ist: Hier dürfen sie mit Alkohol in der Gegend rumlaufen. Wie aufregend. Das erklärt auch die Burbon Street, eine erwachsene Version des Bermuda Dreieck. Man lernt: Was in Europa für Einheimische Deutsche Touristen sind, ist in den USA für Einheimische inneramerikanischer Tourismus. (Meine Argentinische Kollegin sagt übrigens, dass es in Südamerika kein verschrienes Touristenland gibt – wir gehen dementsprechen davon aus, dass Argentinien das Land ist, aus dem die mühsamen Touristen kommen)

Katrina

Am Abend treffe ich mich mit meiner Couchsurferin für die nächsten 2 Tage. Sie ist seit 5 Jahren hier. Nicht nur heißt sie Katrina, sie hat auch einen Tag nach Katrina (Sturm) Geburtstag. Von ihr lerne ich, was eine New Orleanserin ausmacht: Eine persönliche Katrinageschichte und mindestens einen Raubüberfall (passiv) und die Bekanntschaft mit einem Mordopfer.
Ihre Katrinageschichte: Sie ist in letzter Sekude evakuiert. Ihre Katze hat sie auf die schnelle nicht finden können und hat sie dagelassen (Daran erinnert heute noch der ausgebleichte in Rot gesprayte „Cat retrieved“ Schriftzug an ihrer Eingangstür). Zurückgekommen ist sie früher als erlaubt, etwa ein Monat nach dem Sturm. Ihr damaliger Freund hat für die Stadt gearbeitet. In ihrem Viertel gab es keinen Strom, kein Wasser, keine Menschen und Ausgangssperre. Sie sind jeden Tag aufgestanden, er in die Arbeit, sie ins Quater gegangen, wo zwei Bars offen hatten, die ob ihres unerklärlichen Internetanschlusses, mit allen JournalistInnen dieser Welt gefüllt war. 16+ Stunden später sind sie in der Dunkelheit nach Hause gewandert.
Ich bin ihn gegangen: Selbst mit Straßenbeleuchtung ist der Weg vom Quater zu ihr entrisch (In New Orleans geht man grundsätzlich in der Mitte der Straße – besser von einem Auto angehupt zu werden, als zwischen Autos überfallen zu werden oder in einen Hauszwischenraum/garten/hinterhof gezerrt zu werden). Ihre Gegend ist trotzdem – oder eben gerade weil sie so abgefakt ist – charmant. Das meine ich mit schaudrig schön. Es ist doch eine Community. Im Umkreis von ein Paar Blocks kennt man sich, es gibt ein Cafe in der Gegend, das die Nachbarschaft in der Früh und am Wochenende versammelt. Die Shotgunhäuser sind vom Sturm demoliert, Femakreuze verraten noch auf vielen Häusern, ob und wieviele Leichen gefunden wurden (die unterste Zahl im Kreuz), Eingebrochen wurde bei jedem schon. Und trotzdem: Es ist reizvoll. Wenn übrigens Wohnwägen vor dem Haus stehen, dann sind das FEMA Trailer und die Menschen wohnen da schon zwei Jahre, während sie versuchen ihr Haus wieder bewohnbar zu machen.
Die Katrinageschichte eines Freundes von ihr: Er und seine Punkfreunde sind zu seinen Eltern aufs Land gefahren und haben zwei Monate lang einen auf Kommune gemacht. Seitdem mag seine Mutter Punks und bekocht sie einmal im Jahr auf einem Privatfestival.

Nord Neworleans

Den Samstag beginne ich mit Breakdancern auf der Straße und einem Po-Boy zum Brunch. Das Museum über Louisianna lehrt mir nicht nur alles über den Verkauf von LO, sondern auch über Sklaverei (recht früh abgeschafft), Französische und Spanische Besatzung. A pros pros Besatzung: In New Orleans zieht noch immer die Nationalgarde ihre Runden. Die New Orleaner, die wahlweise behaupten, die europäischte Stadt der USA (das hab ich ja wirklich noch von jeder Stadt gehört, in der ich war) oder die nördlichste karibische Stadt zu sein, sprechen daher von der Besatzung durch die USA.
Nachdem ich am Sonntag das D Day Museum besucht habe und am Mississippi Dampfer gefahren bin, erfahre ich eindruckvoll den nicht funktionierenden öffentlichen Verkehr von New Orleans: Ich ware 45 Minuten auf die Straßenbahn, um dann entnervt zu versuchen, ein Taxi zu bekommen, was sich schwerer herausstellt, als es scheint: Nachdem Taxis so oft ausgeraubt werden, nehmen sie keine Passagiere von der Straße. Das Taxi bringt mich zum City Park, wo mich Edith abholt, die mich nicht nur die nächsten beiden Nächte bei sich schlafen lässt, sondern mich gleich mit einer Grillerei empfangen hat und mich die nächsten beiden Tage mit hervorragendem, selbstgemachten Essen beglückt hat (Danke für die Gastfreundschaft nochmal und Credits auch an Meinhard für die Lasagne 🙂

Sie wohnt gleich neben der Uni, die Uni ist gleich neben dem See und demensprechend schaut die Gegend auch noch immer aus: Eine suburbane, baumlose Gegend, mit Müllhaufen auf der Straße und zerstörten Häusern überall. Wie hoch das Wasser gestanden ist, zeigt noch immer das Fliegengitter vor Ediths Eingangstür.
Montag ist fast alles geschlossen. Die Friedhöfe nicht, aber auf die darf man alleine nicht gehen, weil man sonst erschossen wird. (Spart wahrscheinlich Transportkosten). Deshalb bleibe ich nicht lange auf dem kleinen Friedhof, obwohl er als sicher gilt und eine Gruppe von Gärtnern immer in Blickweite war. Die reiche Straße, über die ich am Freitag nach NOLA gekommen bin, wandere ich am Nachmittag entlang. Selbst hier sind noch nicht alle Sturmschäden repariert. Die anarchischen Zustände beim öffentlichen Verkehr haben nicht nur Nachteile (am Weg zurück Autostoppe ich einen Bus) glaube ich so lange, bis ich 30 Minuten auf einen Anschlussbus warte.

Fun Fact

Disclaimer für nachfolgenden Absatz: Nein, Eva Stiegler, du kannst nicht stolz darauf sein, dass ich dieses Werk erwähne. Nein, es ist nichts was du mir fürs Leben beigebracht hast, ich weiß nicht mal mehr, worum es in diesem Buch geht.
FunFact zu New Orleans: Tennessee Williams hat „Streetcar named Desire“ in New Orleans geschrieben und tatsächlich existierte mal ein Streetcar, das die Desire Str. entlang gefahren ist. Nur, dass die Straße dem Vernehmen nach nicht nach der Sehnsucht, sondern vielmehr nach Napoleons Geliebter Desiree benannt ist.

Musik

Und die Musik? Die Musik ist ein bisschen leiser geworden in New Orleans – oder ich hab sie nicht ganz so bermerkt. Zwar spielen auf der Straße unvermittelt Brassbands und in den Bars Frenchmenstreet (da sind sie wieder die Franzosen) sind jeden Tag Livegigs, aber als Jazzstadt hab ich New Orleans nicht so 100% erlebt. Auch wenn das Conventioncenter den Ruf aufrecht erhalten will: Soul is waterproof.