AbsolventInnenumfrage

Neben meinen 10 Thesen hat die Uni Wien mir freundlicherweise die Möglichkeit gegeben, meinem Ärger Luft zu machen. Ich durfte an einer AbsolventInnenumfrage mitmachen. Die Fragen zeigen vor allem zwei Dinge: Die VerfasserInnen dieser Umfrage haben a) ähnliche Vorstellungen von Uni, wie ich und b) keine Ahnung von der Realität. Hier ein Auszug der Fragen, die ich alle mit „wo ist der button links von trifft absolut überhaupt nicht zu“ beantwortet habe:

Die/Der Lehrende unterstützt und leitet sehr gut an

Die/Der Lehrende ist sehr enthusiastisch und begeisternd

Die/Der Lehrende trägt sehr viel selbst vor, erläutert sehr viel

Die/Der Lehrende lässt Studierende relevante Literatur mitdefinieren

Die/Der Lehrende gibt ausführliches u. hilfreiches Feedback zu Leistungen

Die/Der Lehrende legt sachliche, transparente Benotungskriterien an

Die/Der Lehrende benotet differenziert und leistungsbezogen

Die Lehrveranstaltung ist sehr interaktiv

Die Lehrveranstaltung ist intellektuell sehr stimulierend

ie Lehrveranstaltung ist abwechslungsreich im Ablauf

Wie beurteilen Sie die Betreuung durch Lehrende?

Fachliche Beratung/Betreuung

Planende Besprechung von Referaten und schriftlichen (Haus)Arbeiten

Bewertende Besprechung von Referaten und schriftlichen (Haus)Arbeiten

Allgemeine Hilfsbereitschaft der Lehrenden

10 Thesen für eine bessere Uni – Thesen 10 plus

Ich gehöre zu den Menschen, die sich immer schon gewundert haben, warum man sich als ersten Wunsch von der Glücksfee nicht einfach unendlich viele Wünsche wünscht. Dementsprechend sind hier kleinere Thesen als eine zehnte zusammengefasst.

 Textbasierte Vorlesungen

Vorlesungen sind autodidakte Lehrveranstaltungen. Das heißt, man muss nicht hingehen. Aus einem mir nicht nachvollziehbaren Grund werden Studierende dennoch gezwungen in VOs zu gehen, weil es für viele einfach kein Skriptum gibt und sich Studierende auf schlecht zusammenfassende Mitschriften von KollegInnen verlassen oder selbst in die VO schleppen müssen. Selbst wenn man ProfessorInnen die Faulheit zugesteht, kein Skriptum für ihre Vorlesung zu schreiben, sollte dennoch Pflicht werden, eine Basis an Texten zu veröffentlichen mit Hilfe derer die Prüfung ohne Anwesenheit in der VO mit einem Sehr Gut bestanden werden kann. Wenn man besonders studierendenfreundlich ist, könnte man den Stoff noch auf eine gewisse Seitenanzahl beschränken. Wir wollen aber nicht übermütig werden.

 Studierende sind keine Bürde

Ich hätte gerne an einer Uni studiert an der ProfessorInnen Studierende nicht als Bürde ansehen. Ja, eine Stunde Sprechstunde in der Woche hält vom Schreiben und damit Publizieren ab. Ich weiß, ich bin nicht der einzige StudentIn, der Ihnen ein Email schreibt, aber in 48 Stunden kann das wohl beantwortet werden. Und wenn sie schon „Herr Kollege“ zu mir sagen, dann meinen sie das doch auch so. Nur ein bisschen.

 Einrichtung eines Learning Centers

Das steht wirklich ganz ganz unten auf der Liste. Aber irgendwann, wenn alle anderen Verbesserungen erreicht sind, könnte man anerkennen, dass manche Studierende Lernschwächen haben könnten und trotzdem eine Daseinsberechtigung an der Uni haben. Wenn man diesen Schritt getan hat, dann könnte man ein Learning Center einrichten, in dem man diesen Studierenden einen Rahmen gibt in dem sie die Prüfung absolvieren können, etwa durch Ausdehnung der Prüfungszeit. Dort könnten die Studierenden dann auch hingehen, um ihr Lernen zu verbessern, sich neue Techniken anzueignen.

 Weg mit der Bürokratie

Ich habe am 18. Juni mein Diplomarbeitsthema eingereicht. Genau zwölf Monate später werde ich meine Sponsion haben. In den ersten sechs Monaten habe ich 20 Stunden gearbeitet, 16 Semesterwochenstunden absolviert und 130 Seiten Diplomarbeit geschrieben. In den folgenden sechs Monaten habe ich auf Formulare gewartet, sie abgeholt, gewartet, unterschreiben lassen, abgegeben gewartet und abgeholt. Die Bürokratie (vor allem) am Ende des Studiums macht dieses unerträglich und unnötig lang – aber auch wesentlich leichter.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 9: BibliothekarInnen als Ressource

Mein Studium ist vorbei und diese 10 Thesen auch bald. Die 8. war bisher die umstrittenste, vor allem, weil es bereits nicht funktionierende übergreifende Eingangsphasen gibt (etwa auf der WU und auf den Sozialwissenschaften der Uni Wien). Deshalb eine Klarstellung: Diese Thesen umgesetzt sind noch nicht das Maß aller Dinge. Wir wissen, dass was österreichische Unis umsetzen meistens in die Hose geht. Zwischen Theorie und Umsetzung ist ein großer Schritt. Zwischen Umsetzung und guter Umsetzung ein noch einmal so großer.

These 9: BibliothekarInnen als Ressource, nicht als VerwalterInnen

Die wichtigste Institution des akademischen Schreibens sind die Bibliotheken. Leider sind viele der Fachbibliotheken an der Uni Wien keine Bibliotheken sondern nur Räume in denen Bücher stehen. Die besseren Bibliotheken sind zumindest gleichzeitig Arbeitsräume für Studierende – allerdings nur für die einsamste aller Arbeiten: dem Schreiben. Nachdem LehrveranstaltungsleiterInnen zum Leid vieler Gruppenarbeiten eingeführt haben hätten die Bibliotheken längst reagieren müssen und Gruppenarbeitsräume einrichten müssen. Denn von den Studierenden eine Sozialform abzuverlangen, aber nicht einmal den Hauch einer Infrastruktur dafür zur Verfügung zu stellen ist eigentlich ein Witz. Das Argument des fehlenden Raumes sei der Fairness halber erwähnt. Eine Verbesserung ist allerdings sehr schnell, sehr leicht zu treffen: In Moment sind die BibliothekarInnen vor allem BücherschlichterInnen und EinordnerInnen. Die einzige Auskunft, die sie einem/r wissenschaftlich arbeitenden Studierenden geben können ist, in welchem Regal das Buch steht. Das ist eine Verschwendung an Potential. Alle Angestellten in den Fachbibliotheken sollten ebenfalls das sein: vom Fach. Sie sollten Studierenden als Ressource dienen, als Recherchehilfe. Natürlich können sie nicht zu jedem Thema SpezialistInnen sein, aber sie sollten einen grundsätzlichen Überblick  über Forschungsliteratur, aktuelle Diskurse, Fragestellungen haben und damit Studierenden als erste Anlaufstelle bei Rechercheproblemen dienen.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 8: Orientierungsphase sinnvoll gestalten

Mein Studium ist vorbei und heute Abend auch die ÖH Wahlen. Wer auch immer die nächsten zwei Jahre in der Studierendenvertretung verbringen wird, muss sich mit Zugangsbeschränkungen auseinandersetzen. Mein Luxus ist, dass – nachdem ich nicht mehr in der ÖH aktiv bin – nicht mehr dogmatisch gegen Zugangsbeschränkungen sein muss (auch wenn ich es zu weiten Teilen bin), deshalb geht es in folgender These NICHT darum, gegen Zugangsbeschränkungen in Orientierungsphasen zu argumentieren, sondern für Orientierungsphasen, die Studierende orientieren und ZuGaBe weitgehend zu ignorieren. 

These 8: Orientierungsphase sinnvoll gestalten

Orientierungsphasen sind der neueste Trend an der Uni Wien. Sie sind eine einfache Möglichkeit für die Uni, lang ersehnte Zugangsbeschränkungen einzuführen („Nicht nur die Studierenden orientieren sich, ob das Studium das Richtige für sie ist, auch die Uni orientiert sich, ob Studierende das Richtige für sie sind). Auch wenn ich Zugangsbeschränkungen sehr kritisch gegenüberstehe, sollen sie hier nicht die Debatte prägen. Zugangsbeschränkungen sind nur ein kleiner Teil der Thematik Orientierungsphase.

Woran bei den Diskussionen um Orientierungsphasen nie gedacht wird, ist die Situation nach der negativen Orientierung. Damit meine ich, was ein/e StudierendeR macht, wenn er/sie sich gegen die Studienrichtung entschieden hat oder auch die Uni sich gegen den/die StudierendeN entschieden hat. Zu dem Zeitpunkt, wo die Entscheidung gefällt ist, sind nämlich alle anderen Orientierungsphasen auch schon angelaufen und der/die Studierende muss ein Semester warten, um sich in die nächste Orientierungsphase zu stürzen. Die Entscheidung für ein Studium muss man absurderweise noch immer vor der Orientierungsphase treffen. NACH der Orientierungsphase kann man sich nicht für Studium A oder B entscheiden, sondern nur mehr für oder gegen Studium A.

Dieses Dilemma ist leicht aufzulösen: Die Entscheidung für eine Studienrichtung soll erst nach einer Orientierungsphase fallen müssen. Es gibt genug Lehrinhalte, die in einem ersten Semester disziplinübergreifend gelehrt werden können und die in einer solchen allgemeinen Orientierungsphase abgewickelt werden können. Dabei will ich die Uni in ihrer Phantasie nicht überfordern: Die allgemeinen Orientierungsphasen können durchaus in größere Disziplinen (Fakultäten) unterteilt werden, wie ja auch die Interessen der Erstsemestrigen meist in eine Richtung gehen. Es soll aber durchaus möglich sein, Lehrveranstaltungen aus absolut anderen Disziplinen anzusehen.

Konkret: Im ersten Semester machen Studierende eine Hand voll Kernlehrveranstaltungen der jeweiligen Fakultät; Sozialwissenschaftliches Arbeiten, Methoden, Wissenschaftstheorie, etc. Zusätzlich dazu besuchen die Erstsemestrigen je eine Lehrveranstaltung aus zwei bis vier Studienrichtungen ihrer Wahl, die ihnen natürlich im späteren Studienverlauf problem- und bürokratielos angerechnet werden. Als begleitende Maßnahme besuchen sie ein Tutorium, das von einem/r Doktoratsstudienden geleitet wird und in dem sie über Studienwahl, Startschwierigkeiten, etc. mit Studierenden interdisziplinär reflektieren. Nach einem Semester entscheiden sie sich dann für eine Studienrichtung.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 7: Shopping Week

Mein Studium ist beendet. Endlich ist Zeit ständig über lange Wochenenden auf Kurzurlaub zu fahren. Daher heute zum ersten Mal seit einer Woche eine neue These.

 

These 7:  Shopping Week

 

Der Weg weg von Referaten hin zu Texten und weg von Seminararbeiten hin zu Essays hätte noch einen Vorteil: Studierende könnten vor Begin der Lehrveranstaltung besser einschätzen, ob sie ihren Vorstellungen entspricht. Bisher gibt es über die Lehrveranstaltung nicht viel mehr Informationen als den Titel. Das wäre nicht so schlimm, könnte man sich die LV für eine gewisse Zeit ansehen. Das wird aber durch die Anmeldephase vor Beginn des Semesters verhindert: Zwar kann man sich gegen eine Lehrveranstaltung entscheiden, aber nicht ohne sein Studium zu verzögern.

Diesen blinden Entscheidungen für  Lehrveranstaltungen kann eben dadurch entgangen werden, dass Lehrende vor Beginn des Semesters den Seminarfahrplan mit Angaben zu zu lesenden Texten online stellen. Zusätzlich dazu sollte die Anmeldephase in die zweite oder dritte Semesterwoche verschoben werden. Zugegeben, ein Alptraum für jene Kräfte an der Uni, die Qualität gerne mit Zahlen ausdrücken und unter dem Schlagwort „Planbarkeit“ die Anmeldesysteme in ihre Kontrolle gebracht haben. Dennoch: Studierenden die Möglichkeit zu geben, eine Lehrveranstaltung und ihre/n -leiterIn ein bis zwei Wochen lang anzusehen, bevor sie sich ein ganzes Semester verpflichten würde die Uni ein großes Stück besser und Studierende ein großes Stück interessierter machen.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 5: Mehr Texte in Seminaren

Mein Studium ist zu Ende. Nachdem ich mir nicht zu blöd war mit Emails diverse Personen zu nerven, durfte ich mir gestern mein Zeugnis holen und mich daher schon ab gestern und nicht erst ab in 4 Wochen offiziell Magister nennen. Die folgende These wird unter Umständen von Menschen unterschiedlicher Studienrichtungen unterschiedlich bewertet. Aus germanistischer und historischer(*hust*lehramtlicher*hust*) Sicht lautet sie wie folgt:

These 5: Mehr Texte in Seminaren

Eine Problematik, mit der sich die Unis in Österreich seit neuestem beschäftigen, ist die Frage, wie „Forschungsgeleitete Lehre“ funktionieren kann. Die einfache Antwort: Gebt uns aktuelle Artikel und Bücher/Kapitel zu lesen! Eine Studienkollegin von mir muss für ihre Diplomprüfung in einer Sprachwissenschaft einen Artikel lesen, in dem sinngemäß steht: „Bald werden silberne Scheiben, von denen der Computer mit Laser Daten ablesen kann, die Verwendung von Wörterbüchern revolutionieren.“ Es wäre schön, könnte diese Geschichte als Ausnahme vom Tisch gewischt werden. Die gute Nachricht ist: Diese Lehrperson arbeitet zumindest mit Artikeln/Kapitel. Das ist nicht immer der Fall. Oft gibt es nicht einmal Literaturlisten in Seminaren (geschweige denn aktuelle), viele Studierende können keine fünf akademischen Journale ihrer Disziplin aufzählen, weiß selten was der/die ProfessorIn eigentlich forscht und wissen nicht über aktuelle Publikationen Bescheid. Das ist nicht ihre Schuld. Es ist die Schuld der Referatskultur (siehe These 1). Wäre es nicht viel sinnvoller, anstatt sinnloser wöchentlicher Referate zur Vorbereitung des Themas jede Woche ein bis zwei Texte zu lesen zu geben? Bisher wurden Referate – angeblich um den Teilaspekt eines Themas zu beleuchten – gehalten und danach (irgendetwas) diskutiert. Die DiskutantInnen (also alle nicht referatshaltenden Studierenden, die die Scheu vor dem in der LV den Mundaufmachen überwunden haben) hatten dabei zwei Ressourcen für ihre Argumente: Das Referat, dessen durchschnittliche Qualität im Laufe dieser Thesen bereits mehrfach angezweifelt wurde, und ihr Vorwissen – beides keine besonders stichhaltigen Quellen. Würde man Studierenden statt Referate Texte vorlegen, wäre die Diskussion im Seminar qualitätvoller und die Summe aller Teilaspekte nachhaltiger vermittelt, als durch schlecht gehaltene Referate.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 4: Writing Center

Mein Studium ist zu Ende. Endlich ist Zeit, über Verbesserungen in dem Betrieb nachzudenken. Bisher sind schon 3 Thesen erschienen. Diese ist eine der wichtigsten, gleichzeitig auch die am leichtesten umzusetzende These. Es braucht: Einen Raum, ein Wenig Geld,  eine Homepage mit Terminkoordinationssystem.

These 3: Writing Center

Schreiben ist eine der Haupttätigkeiten des wissenschaftlichen Arbeitens. Trotzdem kümmert sich die universitäre Lehre nicht darum, dass Studierende es können – sie setzt es voraus. In der Schule wird es nicht gelehrt, wie sollen Studierende es also können? Soll die Universität es ihnen beibringen? Nein, Schreiben kann nicht beigebracht werden. Es soll keine Lehrveranstaltung „Wissenschaftliches Schreiben“ in den ersten Semestern des Studiums geben.

Hier zeigt sich die Unkreativität universitärer Lehre. Sie glaubt, zu Lernendes kann nur in Lehrveranstaltungen vermittelt werden. Dabei würde eine Institution, die an vielen anderen Unis der Welt völlig selbstverständlich ist, reichen: Ein Writing Center. Es soll die erste Anlaufstelle für Studierende sein, die an irgendeiner Stelle im wissenschaftlichen Schreibprozess Schwierigkeiten haben. Sei es bei der Formulierung einer These, beim Erstellen einer Gliederung, Argumentieren oder in der Endredaktion: Eine universitäre Einrichtung – am besten in der Bibliothek angesiedelt – in der Studierende von SchreibtrainerInnen Hilfe und Feedback erhalten, würde die Qualität von wissenschaftlichen Arbeiten enorm heben. Nicht der/die ProfessorIn ist die erste Person, die eine Seminararbeit sieht und sofort benotet, sondern Peers, die nur dafür bezahlt werden, Texte besser zu machen. Wissenschaftliches Schreiben ist ohnehin lange genug eine sehr einsame Arbeit.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 3: Weniger Seminararbeiten, mehr Essays

Mein Studium ist abgeschlossen und während ich mich mit der letzten Bürokratiestufe beschäftige (das Protokoll der Diplomprüfung reicht nicht, als Beweis eines abgeschlossenen Studiums, um sich für die Sponsion anzumelden, dazu braucht es das Abschlusszeugnis. Das Abschlusszeugnis ist Aufgabe des S“S“c, das mit der Ausstellung dieses Zettels Papier vier Wochen beschäftigt ist. Die schicken das dann – mit einer Anmeldung für die Sponsion – dem Veranstaltungsreferat, die mir einen Termin brieflich zusenden. Dass dieser dann friss oder stirb ist, versteht sich von selbst.) Zu schöneren Themen: meiner Fantasie. 

These 3: Weniger Seminararbeiten, mehr Essays

Die beiden vorhergegangenen Thesen haben eine Fragestellung von zwei Seiten aufgeworfen: Unter welchen Voraussetzungen ist es Studierenden zumutbar, wissenschaftliche Arbeiten unter dem Semester und nicht in der vorlesungsfreien Zeit zu verfassen? Und unter welchen Voraussetzungen ist es Lehrenden zumutbar, diese Arbeiten fundiert und individuell zu kritisieren. Die Antwort ist einfach: Weg von (Pro)Seminararbeiten – vor allem in den ersten Semestern/Proseminaren – hin zu argumentativen Texten. Proseminararbeiten und auch die meisten Seminararbeiten sind Zusammenfassungen wissenschaftlicher Erkenntnisse, also nichts anderes als die Tätigkeit, auf 12-20 Seiten Wortwolken rund um herausgesuchte Zitate zu bauen. Statt dieser meist stupiden Tätigkeit ist es für die weitere Studienkarriere wesentlich hilfreicher, das Aufstellen von Thesen und schriftliches Verteidigen/Argumentieren dieser zu üben. Diese Texte, die nicht länge, als sieben Seiten sein müssen, haben den Vorteil auch unter dem Semester geschrieben und werden zu können. Es ist Studierenden sogar zuzumuten, zwei dieser Papers zu verfassen und so auf einen gleichhohen Seitenzahlgesamtschreibaufwand bei höherer Qualität zu kommen als bei einer Proseminararbeit.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 2: Feedbackkultur einführen

Mein Studium ist abgeschlossen. Endlich ist die Zeit, Überlegungen und Argumente aufzuschreiben. Die 10 Thesen sind nichts Revolutionäres, nichts Teures und vor allem nichts Unmögliches. Sie würden meiner Ansicht nach die Uni – die Lehre an der Uni – besser machen ohne viel Aufwand oder Geld zu kosten.

These 2: Feedbackkultur einführen

Eigentlich ein No-Brainer, gleichzeitig aber ein durchaus schwieriges Unterfangen. In der Schulpolitik ist es noch relativ leicht, transparentere Benotung zu gewährleisten: Anonymisierung von Schularbeiten; Benotung der anonymisierten Schularbeiten von fremden LehrerInnen, etc. Auf der Uni ist das nicht mehr so leicht möglich. Dennoch gibt es ein paar Grundregeln, die leicht implementiert werden können: Seminararbeiten dürfen nicht einfach so benotet werden. Es muss eine Überarbeitungsphase geben. In meiner Unikarriere habe ich ein einziges Mal eine Seminararbeit mit Anmerkungen zurück bekommen. Zwar war sein größter Kritikpunkt, dass mir die Überschrift des vierten Kapitels auf Seite 8 gerutscht ist, dennoch hatte ich zum ersten und einzigen Mal das Gefühl, dass meine Seminararbeit aktiv von einer Lehrperson gelesen wurde. Natürlich ist die ProfessorInnenseite verständlich, die mit einem Stapel von 50 Seminararbeiten pro Seminar schon ohne zweite Phase überfordert sind. Das spricht wieder für den für Studierende gewöhnungsbedürftige bis unangenehme Vorschlag in These Nr. 1 die Arbeiten nicht nach dem Semester sondern während des Semesters zu verlangen. Außerdem – und das wird in These 3 diskutiert werden – ist nicht einzusehen, an dieser sinnfreien Seitenanzahl von 20 festgehalten wird.

 

Fazit: Durch das Schreiben von Seminararbeiten allein werden wissenschaftliche Skills der Studierenden nicht besser. Durch die Diskussion der Arbeit mit einer Lehrperson schon.

10 Thesen für eine bessere Uni – These 1: Referatsflut eindämmen

Mein Studium ist abgeschlossen. Endlich ist die Zeit, Überlegungen und Argumente aufzuschreiben. Ein letztes Mal will ich mich also mit dem Thema Uni beschäftigen, vor allem, weil praktische Überlegungen zur Uni-Lehre in meiner aktiven Zeit in der Studierendenvertretung viel zu kurz gekommen sind.

These 1: Referatsflut eindämmen

Es gibt zwei Argumente für die Methode „Studierendenreferate in Seminaren“. Erstens ist ein großer Teil von akademischer Arbeit die Präsentation von Ergebnissen, was während des Studiums geübt werden soll; Zweitens besteht die romantische Vorstellung, Studierende würden Teilbereiche eines Themas bearbeiten und präsentieren. Die Realität sieht anders aus. Referate blockieren echtes Lernen und echte Diskussionen. Studierende lernen nichts, wenn sie Referate von KollegInnen anhören. Referate sind durchschnittlich schlecht gehalten (Wie können sie auch gut sein, wenn Studierende nie Rückmeldung darauf bekommen) und basieren nicht auf vorhergegangenem Forschen. Will man in Seminaren wissenschaftliche Konferenzen simulieren, so müssten Studierende zuerst eine Arbeit schreiben und erst dann ihre Ergebnisse präsentieren. Stattdessen halten Studierende Referate die zwar informieren, aber dadurch das Thema nicht aus einer wissenschaftlichen Perspektive vorstellen (Wie können sie auch, wenn sie noch nicht begonnen haben das Thema wissenschaftlich zu bearbeiten).

Es gibt zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Entweder Studierende müssen vor Präsentation ihres Themas eine wissenschaftliche Arbeit dazu abgeben oder es muss auf Referate verzichtet werden. Auch wenn ich sie nicht während meiner Unikarriere gesehen habe, kann ich mir nicht vorstellen, dass es außer Referate keine andere Lehrmethode in der Hochschuldidaktik gibt.