Prom & Vermischtes 4

Wiener Schmäh
In Toronto hab ich unter anderen eine Wiener Couchsurferin getroffen. Sie kam gerade aus Montreal, wo sie für 8 Monate studiert hat. Zwar könne sie sich vorstellen, in Montreal zu leben, aber nach 8 Monaten ginge ihr der Wiener Schmäh schon ab. Das hat mich nachdenklich gestimmt. Was ist denn genau dieser „Wiener Schmäh“?
„Wir brauchen eine Gesundheitspolitik in diesem Land, und keine autistische Gesundheitsministerin“ – Schmäh
„Schiebt Euch die sauteuren Betonhäusln in den Häupl!“ – Geh, Schmäh.

Wedding Shower
In diesem Augenblick findet in der Lounge meines Studiheims eine Wedding Shower statt. Das kennt man sonst nur aus Filmen (1): Junge Menschen sitzen mit alten Menschen in einem Raum. In einem Kreis muss man sagen. Es werden Ice Breaker Spiele gespielt. Es wird gegessen. Das Paar (beide 22 und gerade dabei das College abzuschießen) sitzt auch im Kreis, aber irgendwie ist es trotz Kreisform gelungen, sie ins Rampenlicht zu rücken. Nach Essen und Spielen werden Geschenke ausgepackt. Das Paar darf abwechselnd ein Geschenk aufmachen. Natürlich wird vorher gefragt, von wem es ist. Als das Geschenk ausgepackt wird, werden große Augen gemacht. Ein Kochtopf! Vielen Dank! Im Gegensatz zu österreichischen Geburtstagen, bei denen die große Augen gespielt sind und in 90% der Fälle sagen: Was soll ich mit dem Scheiß? ist das Paar tatsächlich froh über einen Kochtopf. Es gibt eine Liste. Damit nicht jeder einen Kochtopf schenkt. Und schließlich zieht das Paar ja zusammen, deshalb ist so ein Kochtopf ja ganz brauchbar.


Prom
Ich hab ja auch versprochen vom Prom zu erzählen. Prom, für alle amerikanischungeblideten, ist ein Schulball, aber ein Prom ist viel mehr. Es ist das Spektakel des Jahres. Und es war spektatkulär, aber nur kurz. Wir waren nämlich nicht beim eigentlichen Prom, sondern nur beim Elternteil des Proms. Der sogenannte Grand March. Bei der Einfahrt kommen wir neben einem schicken Auto zu stehen, in dem ein aufgeregter, pickeliger Teeny mit seinem aufgeregtem, überschmikten Date sitzt. Sie werden Valet geparkt. Wir müssen zu Fuß rein. In der High School herrscht dann furchtbare Aufregung. Überall aufgeregte Eltern mit aufgeregten, pickeligen mit seinem aufgeregtem überschminktem Date. Die Kleider, die die Teenager tragen kosten alle nicht weniger als 300 Dollar. Kleidergeschäfte im ganzen Land haben in den letzen Wochen damit geworben, dass sie garantiert ein Kleid nur einmal pro Schule verkaufen. Mindestens die Hälfte der jungen Frauen war mindestens 3 Monate davor täglich im Solarium und hat sich die Zähne bleichen lassen. Die aufgeregten Jungmänner haben noch nasse Haare, weil sie viel zu spät aus der Dusche gekommen sind. Vielleicht ist Wet Look auch in, ich hab schon lang nicht mehr US Weekly gelesen.
Das Audiorium ist gesteckt voll mit Eltern und jüngeren Schwestern, die wünschten, sie wären schon erwachsen. Die Bühne ist der Versuch, eine Skyline nachzuahmen. Die Lichterkette, die die Zeichenlehrerin noch schnell bei Walmart gekauft hat, wurde zu einer Brookly Bridge geformt. Ein Spot strahlt auf die Bühne. „Miss Jenny Miller is accompanied by John Meyer“. Das Paar tritt auf die Bühne. Zuerst der Beliebtheitstest: Wieviele Menschen jubeln? Dann ein Foto links, ein Foto rechts. Die Mütter im Publikum spulen einen der folgenden Sprüche nach dem Zufallsprinzip ab: „Look at her, you sure looks like a superstar“; „Ohhh, how pretty is she“; „Doesn’t she look cute in this dress? Gorgeous!“; „Look at the little superstar up there“; „She is just stunning. She is so gorgeous! Beautyful!.
Das geht 50 Paare lang so. Auch dabei: Die beiden Jungs, die gerade bei der Army sind. Sie tragen ihre Uniformen zum Prom.
Für uns ist es an dieser Stelle vorbei. Die Eltern ziehen ab. Die Kinder haben derweil im Turnsaal (der, wie man es aus den Filmen kennt, dekoriert ist – Skylinemotiv) ein Abendessen. Danach ist der Tanz und um eins verstreuen sich die Kinder in alle Himmelsrichtungen, um After-Prom Parties zu feiern.

Fotos von zwei der drei Beiträge kommen wohl erst, wenn ich in Wien bin. Das Kabel ist schon weggepackt. Wer ein Video von einem Grand March sehen will (nicht dem an der Dalton High), YouTube hat einige.

(1) Leider hab ich die großartige Bridal Shower Szene aus How I met your mother gerade nicht auf Youtube gefunden.

Oh Canada, Our native home and land

Ich war ja fast versucht zu glauben, Kanada sei normal. Tatsächlich begrüßen mich Kilometerangaben auf der Autobahn. Diesen Gedanken hab ich aber schnell wieder revidiert, als ich bemerkt hab, dass ich auf dem Queen Elisabeth Highway unterwegs bin. Metrisches System gegen konstitutionelle Monarchie – das nenn ich Brutalität.
In Toronto angekommen fällt vor allem eines auf: Es ist in den 80ern stecken geblieben. Skater und Rollerblader überall, Friedliches Zusammenleben in einer MultiKulturellen Geselschaft (1) und im Royal Ontario Museum ist gerade eine brandneue Austellung eröffnet worden: Dinosaurier.
In Toronto gibt es genug für drei Tage zu sehen: Der CN Tower, ein überdimensionaler und -teuerter Donauturm, die Hockey Hall of Fame, die leider nicht mehr ist, als eine Ansammlung von Jerseys, Sticks und Pucks (2), das ROM mit Dinos und Darwin, das sonst dem Naturhistorischen Museum nichts nachsteht und dann gibts noch PATH. Die größte (Untergrund)Einkaufshalle der Welt. Unter jedem Hochhaus im gesamten Financialdistrict gibt es eine Halle mit Geschäften und/oder riesigen Lunch-Hallen, die miteinander verbunden sind. Wenn es also regnet kann man sich Kilometer der Stadt unterirdisch und überdacht zurücklegen (wenn man sich auskennt. Ich hab mich nicht getraut, weil ich mich sicher verlaufen hätte).
Sehenswert ist außerdem noch die Uni, die auch verrät, dass Canada britisch ist. Die BritInnen nennen ihre Studiheime nämlich College und auch wenn Carina mit das schon duzende Male erklärt hat, versteh ich noch immer nicht genau, was das britische College Konzept ist.

Was sonst noch über Kanada zu sagen ist: Zwar gibt es eine Separatistenbewegung in Quebec, aber anders als jede andere Seperatistenbewegung weltweit haben die nichtmal eine gscheite Terrororganisation. Marie, meine frankokanadische Kollegin besteht darauf, dass es eine gibt, die aber nicht besonders aktiv ist. Good for you, wie der Amerikaner sagt.

Übrigens ist dies mein 100ster Blogeintrag!

(1) Das tut den 80ern vielleicht ein bisschen unrecht
(2) Böse Zungen mögen behaupten, dass Hockey nicht mehr zu bieten hat. Dem kann ich nur erwiedern….äh….