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Mount Vernon

Es gibt zwei Orte in den USA, in denen AmerikanerInnen noch ein bisschen stolzer auf ihr Country sind: Washington und Philadelphia. Wegen der großartigen Geschichte, die von Freedom und Heldentum erzählt. Einer dieser Helden war George Washington, der nicht nur brilliant statesman, but – and many of you might not know that – he saw himself as a farmer. Dieser erste Bauer des Landes hatte ein Landgut (das stolze 20 qkm groß ist), das noch heute von jung und alt besucht wird weil es the great story of the great George Washington erzählt. Der aufwändig produzierte Einführungsfilm erzählt die Geschichte von George in bewegten Bildern. Im French and Indian War kämpft er heroisch gegen die gollumartigen dunklen Wilden, die hinterhältig aus dem Wald angreifen, im Landsitz seines Freundes kämpft er heroisch um das Herz der Wittwe.

Zentrum der Farm ist dann das Landhaus, durch das man sich durchstauen kann. Die Attraktion in diesem Landhaus sind die menschlichen Sprechpuppen. Diese alten Menschen, die der kommunistische Nazi-Moslem Obama euthanasieren will (glaubt man den diversen Brüllaffen auf diversen Town Hall Meetings), stehen im Haus rum und dienen als Guide. Das beeindruckende an ihnen ist allerdings nicht, dass sie sich nicht erschießen, wenn sie alle 4 Minuten ihr 3 Minuten Satzl aufsagen müssen, sondern dass sie die dazwischen von Amitouris gestellten Fragen im selben Tonfall und ohne danach den Fadenverloren zu haben beantworten können.

Bei der Gruft von Washington stehen viele Menschen rum. Teile sind abgesperrt, weiter vorne wuselt eine kleine Frau rum. Plötzlich spricht sie: I ask you in the beginning (wovon?!) for the die pledge of allegiance. Dann geht alles sehr schnell: Die 100 Menschen, die vor einer Sekunde noch irgendwie rumgestanden sind, drehen sich Richtung Grab, nehmen ihre Kopfbedeckung ab und sagen: „I pledge allegiance to the Flag of the United States of America, and to the Republic for which it stands, one Nation under God, indivisible, with liberty and justice for all.“

Dann liest ein Kind ein Gebet vor und trägt mit einer Frau einen Kranz in die Gruft. Ich bin in das Begräbnis von Washington geraten, das täglich zweimal stattfindet. Am Ende dürfen „die Angehörigen“ (ich vermute es sind nicht die von Washington, sondern die der performer) noch Fotos vor dem Grab machen.

Zum Abschluss des Besuchs darf natürlich ein Museum nicht fehlen. Im ersten Raum wird stolz vom Experiment des Museums berichtet, das Gesicht von Washington zu rekonstruieren. Anstatt auf der 1$ Note nachzusehen hat man Computer verwendet. Die DNA-Simulation-Rekonstruktions-Software vom neuesten Stand hat schließlich das Ergebnis gebracht, dass er eh so aussieht, wie auf den Bildern. Am Ende des Tages lerne ich noch, dass Washington King hätte sein können, but he gave his power to his people. That’s why we have the privilege to elect our president und mit einem Portrait von Washington belorberkranzt entlässt mich das Museum.

PS: Zum Abschluss ein FunFact: Per Gesetz wird Washingtons Farewell Address an seinem Geburtstag ins Protokoll des Senats gelesen.

Ökologie mit menschlichem Antlitz

Free Republic of Takoma Park. So wird die Suburb liebeveoll genannt, in der ich (vorerst?) meine Zelte aufgeschlagen habe. Free Republic of ist in den Staaten ein Code für liberal/progressiv. In den Staaten ist liberal/progressiv ein Codewort für Öko. Aber auch diese Bezeichnung entspricht nicht der europäischen Bezeichnung. In den Free Republics der USA herrscht Ökologie mit menschlichem Antlitz. Es ist eine Ökologie, die auf der von mir kreierten Georgs-Skala nahe an M liegt. Zur Erklärung: Meine beiden Freunde Georg M und H und der fiktive Georg V. sind zu unterschiedlichen Graden öko alergisch.  Während V. ein Vanatiker ist, ist H zwar dem Öko abgeneigt, aber daran gewöhnt. M widerum hält das alles unter keinen Umständen aus.

Wie sieht also eine M-Ökologie aus? Nun, es ist alles ökologisch, ohne auf die Vorteile menschlichen Fortschritts zu verzichten. Am Ende meiner Straße steht der einzige Fastfood-Stand der Stadt. Es ist ein (exzellenter) organisch-veganer Falafelgrill. Wenn man eine Limonade zu seinem Falafel bestellt, muss man aber trotzdem nicht auf den Plastikbecher mit Strohhalm verzichten und die Saucen kommen in kleinen Plastikdöschen. Meine hippie Mitbewohnerinnen sind zwar vegetarisch und trennen Müll (mehr dazu in einem eigenen Post), tanzen und machen Gartenarbeit, dennoch belasten sie meinen Kopf nicht Sandelholzduft, haben einen Trockner (ich liebe frische Wäsche aus dem Trockner <3) und fahren die drei Meter zum Supermarkt mit dem Auto. Der Coffeeshop bei der U-Bahnstation wird betrieben von einem Mann mit Dreadlocks, der zu Burning Man fährt, das Equipment einer Feuershow in der Auslage und Bilder davon an der Wand hat, der Fair Trade Kaffee verkauft und öko-spirituelle Flyer aufliegen hat, den Kuchen bekommst du trotzdem im Plastiktapperl serviert. Der Food Co-Op, bei dem man um 100$ Mitglied werden kann aber trotzdem um den selben Preis einkauft, wie die Nichtmitglieder, verzichtet trotz ökologisch angebauter Erdäpfel und Äpfel nicht auf die Klimaanlage und automatisch öffnende Eingangstüre.

Warum die Skala nicht völlig auf M ausschlägt? Nun, Fleisch essen sie wirklich fast keines…

Honestly, Who does that? Meetup Pubcrawls

AmerikanerInnen sind ja vor allem zwei Dinge: Sie sind Sozialjunkies und sie sind furchtbar oberflächlich. Zweiteres ist ein evolutionsgewachsener Abwehrmechanismus: Wer so oft umzieht, will keine Beziehungen von denen es schwer ist, sich zu lösen. Irgendwann ist das dann so in Fleisch und Blut übergegangen, dass man selbst wenn man seit 9 Jahren in der Stadt ist und nicht vorhat, jemals wieder weg zu gehen, oberflächlich bleibt. Diese Oberflächlichkeit ist überdies keine, wie wir EuropäerInnen sie kennen: Es ist eine sehr persönliche Oberflächlichkeit. Amis erzählen dir dann schon mal ihre ganze Lebensgeschichte, mit allen Hochs und Tiefs. Bevor du aber überhaupt noch anfangen kannst darüber nachzudenken, mit welcher deiner leidvollen Lebensgeschichten du ihnen diese Herzensöffnung vergelten kannst, haben sie sich schon umgedreht und reden mit der nächsten Person.

Auf Grund dieser beiden Eigenschaften funktionieren soziale Netzwerke wie Meetup nicht nur, sie boomen (seit Jahren). Meetup ist eine Plattform, in der sich Menschen mit den gleichen Interessen zusammenfinden und diesem gemeinsam  nachgehen. Das macht ja auch Sinn. Bei Wandern. Oder bei Poker. Oder Kayak. Oder Flozirkustraining. Aber beim Hobby „In eine Bar gehen“ ? Auch da. Fremde Menschen treffen sich, um um die Häuser zu ziehen. Das heißt dann Pubcrawl. Wenn ein Hostel das für Gäste der Stadt organisiert, ist das ja was durchaus übliches und sinnvolles. Aber wenn Menschen mit anderen Menschen, die sie nicht kennen, in Bars gehen, dann ist eine Frage legitimer denn je: HAST DU KEINE FREUNDiNNEN?!

Es ist wie ein Volkstanz, dieses Pubcrawl-ding. Zuerst wird man weitergereicht. Das geschieht sehr subtil mit einem einfachen: Z: „This is my friend Yussi“ A: „Hi, I’m A“ Y: „Nice to meet you, I’m Yussi“ (Z ist über alle Berge).

Der nächste Schritt ist der Reigen, wobei immer wichtig ist, unterzubringen, dass man aus einem anderen Land ist. Damit hat man 3 Gesprächsminuten gewonnen („Austria. Wow, interessting“ „Have you ever been…“ „Yes, gorgeous. Salzburg. Sound of Music. Loved it“/“No, never, but I’d love to go“ „You should. Although Salzburg sucks. It’s like the Disneyland of Austria. You should go to Vienna instead“ „Ok, wow, interesting, what language do you speak in Austria?“

Dann kommt es sehr auf den/die PartnerIn an: Legt er/sie dir eine Rutsche zu seiner/ihrer Lebensgeschichte oder musst du die selbt finden. Es folgt ein Wechselschritt, dann geht es um ihn/sie. In selten Fällen gibt es noch einen Wechselschritt und eine weitere Rechtsdrehung. (Etwa: Y: „Oh, Lehrerin? Ich auch!“ Oder: A: „Wooster? Ich bin aus Ohio!“).

Dann, A: „Hey B, this is my friend Yussi“ B: „Nice to meet you, I’m B“ Y: „Hi, I’m Yussi“ (B ab)

Am gestrigen Freitag wurde ich von einem Bekannten (er würde sagen: Friend) zu so einem Pubcrawl eingeladen. Er ist Couchsurfer und nimmt zu den Crawls immer auch eine Runde  CouchsurferInnen mit. Diese – weil nicht AmerikanerInnen – teilen meine interessierte Fassungslosigkeit. Und so saßen wir dann da und machten uns über die Menschen lustig die Fremde in Bars treffen. Und am Ende des Abends gingen alle schlafen auf ihre Couchen in Wohnungen fremder Menschen und schüttelten noch bis in die  Nacht hinein belustigt ihren Kopf über diese Meetup Pubcrawls.

It’s so nice, you have to say it twice

New York, New York. Eigentlich ist es ja keine gute Stadt, um nach einer 12stündigen Reise und zwei Nachziehkoffern im Gepäck, also mit einem Radstand von 2,5 Metern und einem dementsprechenden Kurvenradius, anzukommen. Die Straßen sind voll, alle sind gestresst und es ist schwül wie es nur in New York schwül sein kann. Und mitten drin versuche ich von JFK nach New Jersey zu kommen. Das ist 2mal umsteigen und 2 Blocks – oder 30 Minuten – Fußweg. Das angenehme ist, dass die New Yorker volle Straßen und dumme Touris gewöhnt sind: Von den 15 Menschen, denen ich mit meinen Köffern über Fuß oder Ferse gefahren bin, haben überhaupt nur zwei reagiert und beide haben meine Entschuldigung nicht mehr gehört, weil sie schon 5 Meter weiter waren.

In der übrigen Zeit – der ca. 2 stündigen U-Bahnfahrt von JFK nach Manhattan – sieht man, was man immer sieht: Schlafende Menschen. Ich musste 5mal New York besuchen, um zu bemerken, dass das eine amerikanische Eigenart ist. Menschen schlafen in der U-Bahn. Zu jeder Tages und Nacht Zeit. In den beeindruckendsten Positionen. Kaum jemand traut sich nämlich, die Wange an eine Fensterscheibe oder Stange zu legen. Daher wird meist kopfüber geschlafen. Besonders erfahrene SchläferInnen haben ihr Genick und Wirbelsäule schon soweit trainiert, dass sie mit der Stirn fast die Knie berühren. Andere schlafen im Stehen, angelehnt an eine Wand, aber auch nur von einer Hand an der Stange stabilisiert. Nicht nur ihre Positionen sind bemerkenswert,  auch ihre biologische Uhr. Regelmäßig wachen die Schlafenden in der Station auf, in der sie raus wollen. Wer meint, es läge an der Ansage, irrt: Die Schlafenden stehen meist so auf, dass sie es gerade noch aus der U-Bahn schaffen, bevor die Türen schließen.

Ich bin vor allem darüber fasziniert, dass mir das noch nie als in Wien unüblich aufgefallen ist. Aber wer täglich 3 Stunden seiner Wachzeit (oder besser: nicht im Bett Zeit) in U-Bahnen verbringt, dem sei dieser Schlaf auch gegönnt. Mir hingegen gönnt der Jetlag nur 7 Stunden: Wie erwartet war ich ab 5 Uhr Früh wach.

Hofnarren, die Zweite

Vor kurzem habe ich argumentiert, dass ich mir mehr Hofnarren wie Jon Steward in Fernsehinterviews wünsche, die die „journalistische Objektivität“ nicht wahren, Stellung beziehen und damit PolitikerInnen konfrontieren. Jetzt habe ich einen Artikel gefunden, der argumentiert, warum das nicht geht: Armin Wolf, der als der wahrscheinlich beste österreichische Interviewer angesehen wird, schreibt im Buch „Mediendemokratie in Österreich“, (Filzmaier/Plaikner/Duffek (Hg.), Wien 2007 (Böhlau), dass die ZuseherInnen es hassen, wenn InterviewerInnen die Antwortenden unterbrechen. Nachdem natürlich auch PolitikerInnen das wissen, öffnet das Tür und Tor für die ein Satz drei Sätze Antworten – im Artikel 3t (touch the question, turn, tell what you want to say). Der sehr lesenswerte Artikel: Armin Wolf: Danke für das Gespräch.

Warum ich das gerade schreibe ist das gestrige Interview von Jon Steward mit dem konservativen Journalisten Bill Kristol (The Weekly Standard). Nach einem kurzen Austausch über Sarah Palin geht es um die Health Insurance Reform. Niemand lässt sein Gegenüber so elegant in eine argumentative Falle laufen, wie Steward (und ist dabei noch witzig). Hier die lange Version des Interviews: Jon Steward v. Bill Kristol

Homepage Update 2

Neu auf der Homepage ist eine Unterseite „Politik 2.0“ dort befindet sich alles zur White-Paper-Reihe desselben Namens mit dem Untertitel: Politische Kommunikation im Web 2.0. Die Reihe sieht sich in jedem Paper eine Plattform/Applikation/Kanal (ich hab das richtige Wort noch nicht ganz gefunden) an und analysiert, wie PolitikerInnen es bereits verwenden und welche Ableitungen man daraus treffen könnte. Bis jetzt erschienen: Das Einleitungspaper und jenes zu Twitter. Mehr dazu hinter diesem Link oder über die Menüleiste.

Jeffersons Erben: Eine Buchempfehlung

Moorstedt, Tobias: Jeffersons Erben. Wie die digitalen Medien die Politik verändern. Surkamp, 2008.

Ich hab lange Zeit nach einem guten Buch zum Thema Soziale Medien/Web 2.0 und Politik/Kampagnen gesucht. Jeffersons Erben erfüllt zwar auch nicht alle meine Vorstellungen, aber es ist das bisher beste, das ich aus diesem Feld gelesen habe. Zwar hat man, auf der letzten Seite angekommen, nicht das Gefühl, viel weltbewegend Neues erfahren zu haben, aber einige Gedankenanstöße waren schon dabei. Außerdem ist Moorstedt ein Journalist der alten Medien…oder besser: NICHT der neuen Medien. Deshalb überhöht er die Wirkung und das revolutionäre Potential nicht, ist nicht überbegeistert und schreibt keine Sätze, wie: „Blogs lese ich nicht mehr, ich lese nur noch Twitter“ Die meisten Menschen, die über Web 2.0 schreiben, würden solche Sätze schreiben.

Jeffersons Erben ist eine Reportage mehr als ein Sachbuch. Moorstedt ist während der Primaries durch die Lande gereist und hat sich mit unterschiedlichen Menschen, die mit dem Gebiet zu tun haben, getroffen. Dabei berichtet er nicht nur über die Web 2.0 Hotshots von Blue State Digital und Moveon.org, sondern auch von den tatsächlichen Grasroots, DemokratInnen aus Texas, die dank Internet sich zum ersten Mal organisiert haben. So blickt man auch hinter die Kulissen der Wurzeln und Basisorganisation einer bundesweiten Kampagne.

Die ersten drei Kapitel beschäftigen sich mit den Vorwahlen und wie Parteien das Internet nutzen. Kapitel vier (Die dritte Partei) stellt moveon.org und andere vor, die NGO/Gewerkschaften des Internets, die durch ihre riesigen E-Mail Datenbanken eine Playerin in Mobilisierungskampagnen wurden. Die letzten beiden Kapitel beschäftigen sich mit Blogs und BürgerInnenjournalismus, um schließlich noch auf wenigen Seiten das Konzept e-democracy vorzustellen. Auf ihnen erfährt man zwar am meisten Neues, sie fallen aber – gerade deswegen – aus der Reihe. Das Konzept (etwa: BürgerInnen schreiben wikipedialike an Gesetzestexten mit, etc.) ist zwar interessant, passt aber nicht zum restlichen kampagnenorientierten Schwerpunkt des Buches.

Fazit: Ein exzellenter Überblick über Stand von digitalen Kampagnen 2008, deren PlayerInnen und Möglichkeiten. (Für einen edition surkamp Text erstaunlich) Flüssig zu lesen. Manko: Es erzählt nicht viel Neues und hat, um ein Nachschlagewerk zu sein kein Glossar.

HofnärrInnen statt InterviewerInnen

(Fernseh)Interviews sind so eine Sache. Der/die JournalistIn will dem/r PolitikerIn ein möglichst knackiges/exklusives/sensationelles Zitat entlocken. Der/die PolitikerIn will sich nicht aus dem Konzept bringen lassen und seine/ihre drei Botschaften möglichst ungefiltert an das Zielpublikum bringen und sonst möglichst kein Aufsehen erregen. Diese beiden Motivationen finden meistens keinen gemeinsamen Nenner. Dadurch „gewinnt“ meist die interviewte Person. Sie gibt klassische ein Satz-drei Sätze-Antworten: Ein Satz der die Frage in irgendeiner Form mit den drei Sätzen verbindet, die sie eigentlich unterbringen will. Das liegt am journalistischen Selbstverständnis von InterviewerInnen: Sie müssen meinungsfrei sein. Was bei journalistischen Texten und Beiträgen wichtig ist, ist bei Interviews ein Dilemma. PolitikerInnen nutzen diese Meinungslosigkeit aus, um ihre vorbereiteten Antworten unwidersprochen zu platzieren. Dazu kommt, dass in Fernsehinterviews die Zeit beschränkt ist und das Nachboren dadurch oft unter den Tisch fällt. Sechs Minuten Interviews im Fernsehen sind damit obsolet geworden.

Wodurch sollte man sie ersetzen? Durch Hofnarren. Das meine ich nicht abwertend gegenüber den InterviewerInnen, das meine ich im ursprünglichen Wortsinn. Hofnarren war es erlaubt, sich über den Hof lustig zu machen. Nur dadurch sind PolitikerInnen aus dem Konzept zu bringen. Die besten Interviews, die ich in letzter Zeit gesehen habe, waren nicht auf ORF oder CNN, sondern auf Comedy Central. Jon Steward hatte in den letzten Monaten einerseits Jim Cramer, Moderator von MSNBC und Cliff May, Vorsitzender einer Folter befürwortenden NGO (Foundation for Defense of Democracies) zu Gast. Hätte irgendjemand anderes diese Interviews geführt, sie wären niemandem im Gedächnis geblieben. Weil sie Jon Steward nicht als Interviewer sondern als Hofnarr geführt hat, kamen beide InterviewpartnerInnen mit ihren eingeübten Phrasen nicht durch und mussten off script gehen.

Paroli bieten! Sollte also die erste Regel von (Fernseh)InterviewerInnen sein. Es muss ja nicht gleich ein sich über den/die PolitikerIn lustig machen sein – wobei die Funtkion des Hofnarrs die Position als Diskutant noch verstärkt. Denn wer es noch dazu schafft, PolitikerInnen zum Übersichselbstlachen zu bringen hat den Grundstein für knackige/exklusive/sensationelle sechs Minuten gelegt. Aber wollen wir mal nicht zu viel verlangen. Erster Schritt:  Meinung beziehen und vertreten! Die journalistische Objektivität kann ja dadurch gewahrt werden, dass immer eine andere Meinung vertreten wird.

Die Argumente des obigen Texts treffen im Übrigen nur auf Interviews, nicht auf Moderationen zu. Mitdiskutierende ModeratorInnen füren zu unmoderierten und dadurch unansehbaren Diskussionen *räusper*Club2*räusper*.

Sehr geehrte Damen und Herren der Swiss Airline,

Ich habe bereits einen Feedbackbogen ausgefüllt. Unglücklicherweise war nicht genug Platz, um die Vorkommnisse ausreichend darzulegen.

Ich landete letzten Freitag um etwa 17:30 Uhr in Zürich, um von dort 2 ½ Stunden später nach Wien weiter zu fliegen. Dazu kam es nicht. Um etwa 19 Uhr wurde durchgesagt, dass die Maschine nach Wien zu spät sei und dass um 20:45 weitere Informationen durchgesagt werden würden. Diese fast zweistündige Informationssperre sollte also erst zu einem Zeitpunkt gelöst werden, als die Maschine schon längst in der Luft sein hätte sollen.

Um nähere Informationen zu erhalten, suchten mein Reisepartner und ich den Transferdesk auf. Dort saß Frau M, die offensichtlich (oder hoffentlich?) ihren ersten Tag hatte (Werden Namensschilder ihrer Firma schon am ersten Tag unleserlich?). Sie konnte der Bitte, auf eine Maschine um 21 Uhr nach Wien umgebucht zu werden nicht nachkommen, allerdings nicht, weil die Maschine um 21 Uhr nicht von ihrer Firma betrieben wurde – das fand sie erst nach 10 Minuten Bearbeitungszeit heraus. Auf meine Frage, wie anders es möglich sei, heute um 22 Uhr in Wien zu landen, konnte sie keine Antwort geben. Sie hatte auch keine näheren Informationen über die Maschine (Gab es zwischen 19 Uhr und 20:45 keinen Kontakt mit dem Flieger? Kann man nicht einschätzen, wann und um wie viel ein Flieger zu spät kommt?).

Als ich erneut meine Bitte äußerte, um 22 Uhr in Wien landen zu wollen, hörte das Frau S, deren Funktion mir bis heute nicht völlig erschlossen ist. Frau S ließ mich in einem kreativen Akt der KundInnenbetreuung Einblick in ihr Privatleben geben: Offensichtlich hat Sie einen 5 jährigen Sohn, der „auch immer alles will“ und dass er – wie ich – ein Kleinkind sei.

Ich bat Frau M, die offensichtlich nicht weiterhelfen konnte/bereit war, ihre Vorgesetzte zu holen. Es stellte sich heraus, dass Frau M nicht genau wusste, wer das sei und auf Nachfrage, dass Frau L gerade auf Pause sei und um 20 Uhr zurück käme.

Um 20: 15 hatte ich das erneute Vergnügen mit Frau S, die mir den Zugang zu ihrer Vorgesetzten mit der Strenge einer Mutter verweigerte. Frau M versuchte mich an einem nicht besetzten Schalter zu parken. Nach 5 Minuten hatte ich die Freude, nocheinmal nachzufragen, wann ich denn mit Frau L sprechen dürfte und wie wir es schaffen würden, dass ich zu einer vernünftigen Zeit in Wien ankommen würde (Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch die naive Befürchtung, ich könnte die letzte S-Bahn in Wien verpassen). Frau M antwortete daraufhin, dass das nicht möglich sei, schließlich sei der Flug gestrichen, das hätten wir ohnehin um 20:45 erfahren. Mit unserer Bitte nach einem Hotelzimmer und einem Abendessen wurden wir auf einen unbestimmten späteren Zeitpunkt vertröstet. Unwillig und nur auf mehrefache Nachfrage gab uns Frau M den oben erwähnten Feedbackbogen.

Als dieser dann kam, wurde EIN Schalter für die 130 Passagiere der annulierten Maschine eröffnet. Die Bearbeitung jeder einzelnen Reisegruppe dauerte etwa 10-15 Minuten und erst nachdem wir eine Stunde ohne jegliche Bewegung in der Schlange standen, wurde ein zweiter Schalter eröffnet (in der Zwischenzeit waren noch zwei wenig frequentierte Schalter für die Kunden der Buissness Class offen – eine Prioritätensetzung, die ich gerne von Ihnen erläutert haben würde). Nach zweieinhalb Stunden in der Schlange – es war bereits 23 Uhr – waren wir endlich mit einem Zimmer versehen und auf den Flug, der um 8:30 in Wien landen sollte, umgebucht. Frau S, die uns mit der Wärme einer Mutter betreute, bat uns, um etwa 6:15 am Check In zu sein – wir seien zwar schon eingecheckt, noch nicht aber unser Gepäck.

Zu unserem Glück war der Flieger am nächsten Tag verspätet, denn sonst hätten wir nur mit Glück und Not und auf keinen Fall unser Gepäck es auf den Flieger geschafft. Obwohl der Andrang nicht größer war, als ich mir einen Andrang auf einem Flughafen um 6:15 Morgens vorstelle, waren alle Schalter mit dem Einchecken überfordert und wir mussten 30 Minuten in der Schlange stehen (und dass,, obwohl wir doch schon eingecheckt waren). Der Flieger, der für 8:30 vorgesehen war, landete also mit 45 minütiger Verspätung, 11 Stunden nachdem wir hätten landen sollen, in Wien.

Es kann durchaus passieren, dass Flieger gestrichen werden, Probleme auftreten oder andere unvorhergesehene und – sehbare Dinge passieren. Aber die Art, mit der in Ihrer Firma KundInnen betreut, informiert und behandelt werden, ist im höchsten Maße unprofessionell. Ich hoffe das Troubleshooting ihres Luftpersonals ist besser, als das ihres Bodenpersonals, denn sonst würde ich mich in dem Flieger, in dem ich dank der Vouchers sitzen werde, die sie mir zukommenlassen werden, nicht besonders sicher fühlen.

Ich hoffe, dass dieser Freitagabend eine Verkettung von unglücklichen Umständen war, die eine Gruppe von sehr unerfahrenen MitarbeiterInnen getroffen hat, das wäre der einzige Entschuldigungsgrund für so viel Inkompetenz und Unprofessionalität.

Ich freue mich bald wieder mit Ihnen fliegen zu dürfen, bin gespannt auf die mir zustehende Kompensation und verbleibe

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Carl Pick

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